Nächster Schwenk der Kanzlerin? Union erwägt eigenen NPD-Verbotsantrag

Es könnte der nächste Schwenk der Kanzlerin werden: Nachdem sie und ihre Minister für Inneres und Justiz einem NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung lange skeptisch gegenüberstanden, hat Merkel nun signalisiert, dass an einem solchen Schritt kein Weg vorbei führt.

NPD-Verbotsantrag - ein riskantes Unterfangen
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NPD-Verbotsantrag - ein riskantes Unterfangen

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Die Bundesregierung soll nach dem Willen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor dem Verfassungsgericht einen eigenen Antrag zum Verbot der rechtsextremen NPD stellen. Dies habe Merkel vergangene Woche parteiintern signalisiert, wurde der Deutschen Presse-Agentur am Montag in der Union bestätigt. Der "Tagesspiegel" hatte zuvor Ähnliches berichtet.

Merkel wolle aber noch die FDP von ihrem Vorhaben überzeugen, schreibt das Blatt. Das Bundesjustizministerium äußerte sich am Montag nach wie vor zurückhaltend zu einem eigenen Verbotsantrag der Regierung.

Merkel sagte am Rande ihres Türkei-Besuches am Montag, eine Entscheidung über einen Verbotsantrag der Regierung sei noch nicht gefallen. Dies werde bis Ende März geschehen. Dieser Fahrplan war schon bislang Haltung der Bundesregierung.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) äußerte sich auf Anfrage zunächst zurückhaltend. Ein Sprecher Friedrichs sprach von Spekulationen. "Unsere Position ist klar: Bis zum Ende des Quartals wird es eine deutliche Haltung der Bundesregierung geben." Der Bundesrat hatte im Dezember beschlossen, beim höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe einen Antrag auf ein NPD-Verbot zu stellen. Wie sich der Bundestag verhält, ist noch offen.

Merkel war bislang skeptisch

Merkel hatte sich wie Friedrich und Leutheusser-Schnarrenberger intern bislang skeptisch über ein Verbotsverfahren der Regierung geäußert. Als Grund für einen eigenen Verbotsantrag nenne die Kanzlerin nun, dass die Bundesregierung den Bundesrat nicht alleine marschieren lassen könne. So zitierte die Zeitung Fraktionsmitglieder, die namentlich nicht genannt werden wollten.

Außerdem verwies Merkel auch nach dpa-Informationen darauf, dass die Länderkammer belastendes Material gegen die NPD nutzen werde, das zu mehr als der Hälfte vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)
stamme. Das BfV hatte die Materialsammlung im vergangenen Jahr erstellt. Fragen des Bundesverfassungsgerichts zu Details, die das Bundesamt präsentiert hat, könnten die Länder nicht beantworten, so argumentiert die Kanzlerin laut "Tagesspiegel". Merkel wolle außerdem das Risiko ausschließen, die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke könnten im Bundestagswahlkampf der Regierung vorhalten, sie schütze eine Nazipartei vor einem Verbot.

Nach den auch der dpa vorliegenden Informationen spielen bei dem Entschluss Merkels zudem juristische Probleme eine Rolle. Die Bundesregierung wolle nicht darauf verzichten, mit einem eigenen Antrag auch rechtlich Herr des Verfahrens zu sein - dies sei besonders wegen der hohen BfV-Anteile an der Materialsammlung wichtig. Ursprünglich hatte Innenminister Friedrich demnach lediglich einen sogenannten Streitbeitritt der Bundesregierung zum Verbotsantrag der Länder geplant.

Der Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte am Montag: "Wenn ein NPD-Verbotsantrag keinen Erfolg hätte, wäre das für die NPD ein PR-Erfolg ohnegleichen." Das müsse allen Beteiligten klar sein. "Deswegen kommt es jetzt darauf an, dass die Bundesregierung eine gründliche rechtliche Bewertung des leider veröffentlichten Materials für einen Verbotsantrag abschließt." Das solle gründlich und in Ruhe gemäß dem vereinbarten Zeitplan geschehen - also bis Ende März.

Die Justizministerin selbst hatte am Wochenende gesagt: "Beim NPD-Verbotsverfahren habe ich immer wieder meine rechtlichen Zweifel zum Ausdruck gebracht." Diese seien durch die Veröffentlichung einer Kurzfassung der vertraulichen Materialsammlung des Verfassungsschutzes im Internet durch die NPD nicht minimiert worden.

Innenminister Friedrich hatte dazu gesagt: "Der NPD ist mit der Veröffentlichung der Materialsammlung ein PR-Coup gelungen. Das ist sehr bedauerlich und zeigt, dass die Partei das Verbotsverfahren nutzen wird, um Öffentlichkeit zu bekommen." Er signalisierte aber Bereitschaft der Regierung, den Beschluss der Länder mitzutragen.

"Wir dürfen der NPD diese Bühne nicht überlassen, sondern müssen das Verfahren jetzt so gut wie möglich unterstützen."

(dpa)
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