Liberale fürchten um Chancengleichheit TV-Duell: FDP erwägt Klage

Berlin (rpo). Wenn die großen sich streiten, will die FDP dabei sein. Andernfalls zieht sie eine Klage gegen das geplante TV-Duell zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber in Betracht. Denn mit dem publikumswirksamen Schlagabtausch der beiden Volksparteien sieht die FDP die Chancengleichheit für die kleineren Parteien gefährdet.

Der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Joachim Otto, forderte am Freitag in Berlin, dass die FDP an der Wahlkampfdebatte im Fernsehen beteiligt werde. Ansonsten sei die Chancengleichheit der kleineren Parteien gefährdet.

Es sei eine Täuschung der Wähler, dass durch TV-Duelle der Eindruck erweckt werde, bei der Bundestagswahl gehe es um die Entscheidung zwischen zwei Kanzlerkandidaten, unterstrich der FDP-Politiker. "Im Unterschied zur amerikanischen Präsidentschafts-Demokratie stehen bei uns Parteien zur Wahl und Kandidaten in den Wahlkreisen." Otto verwies darauf, dass in der Vergangenheit das Verfassungsgebot der Chancengleichheit konsequent beachtet worden sei. Dies müsse auch im Wahlkampf 2002 gewährleistet sein, forderte er.

Nach seinem Angebot der Übertragung für das TV-Duell von Schröder und Stoiber lud RTL-Chefredakteur Hans Mahr auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und FDP-Chef Guido Westerwelle zu einer Runde der Vize-Kanzlerkandidaten ein. Als Moderator sei Peter Kloeppel vorgesehen. Aus Gründen oder Ausgewogenheit sei der Sender der Meinung, dass auch die kleineren Parteien die Möglichkeit haben sollten, ihre Positionen in ähnlicher Weise im Fernsehen zu vertreten, sagte er.

Auch PDS-Sprecher Hendrik Thalheim kritisierte, dass die Zuschauer sich "nur über einen Ausschnitt der zur Wahl stehenden Konzepte" informieren könnten. "Deutschlands Politik hat mehr zu bieten, als zwei mehr oder weniger streitende Herren", sagte er. "Die Zuschauer brauchen kein amerikanisiertes Möchtegern-Duell, sondern die Möglichkeit, zumindest alle im Bundestag vertretenen Parteien beim Wort nehmen zu können." Die Grünen wollten sich zu dem geplanten TV-Schlagabtausch vorerst nicht äußern.

Schröder hatte zuvor zwei TV-Debatten mit seinem Herausforderer Stoiber kurz vor der Wahl am 22. September vorgeschlagen und damit auf eine Forderung des Unions-Kanzlerkandidaten reagiert.

Fernsehduelle zwischen den Spitzenkandidaten im amerikanischen Stil hat es in Deutschland bisher noch nie gegeben. Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl hatte Fernsehdebatten mit den Kanzlerkandidaten der Opposition immer wieder abgelehnt. Vor der Wahl 1980 hatten SPD-Kanzler Helmut Schmidt und sein Herausforderer, der CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauß, sowie der CDU-Parteivorsitzende Helmut Kohl und FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher im Fernsehen miteinander debattiert.

(RPO Archiv)
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