Ankara Türkischer Jet doch über Syrien abgeschossen

Ankara · Die Türkei muss offenbar eingestehen, dass sich ihr Hauptvorwurf gegen das benachbarte Syrien im Streit um den Abschuss einer türkischen Aufklärungsmaschine nicht halten lässt. Generalstab, Geheimdienst und Regierung sind nach Presseberichten zu dem Schluss gekommen, dass die Maschine wohl doch im syrischen Luftraum getroffen worden sei – und nicht wie bislang behauptet über internationalem Gewässer. Die peinliche Kehrtwende dürfte die Kritik an der türkischen Syrien-Politik wachsen lassen. Gegner werfen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor, mit markigen Worten von der eigenen Handlungsunfähigkeit ablenken zu wollen.

Ein Sprecher des türkischen Generalstabs erklärte, es gebe keinerlei Hinweise auf einen Raketenbeschuss: Das Raketen-Warnsystem des Flugzeugs sei nicht ausgelöst worden. Auch die bisher ausgewerteten Radar-Daten und Unterwasserfotos des Jets hätten keine Spur eines Raketeneinschlags gezeigt. Dies könnte bedeuten, dass die Maschine ins Feuer der syrischen Luftabwehr geriet – deren Geschütze aber keine Ziele in einer Entfernung von 13 Seemeilen angreifen können.

"Von der Raketen-These zurück zur Realität", überschrieb gestern die Zeitung "Radikal" einen Bericht, wonach auch der türkische Geheimdienst MIT inzwischen eingestanden hat, dass der Jet vom Typ "Phantom" wohl nicht mit einer Rakete vom Himmel geholt wurde. Die noch ausstehende Bergung des Flugzeugwracks soll letzte Klarheit bringen. Laut "Radikal" hat sich die türkische Regierung aber schon jetzt für eine neue Linie im Streit mit Syrien entschieden. Demnach soll betont werden, dass der türkische Jet ohne jede Warnung abgeschossen wurde. Bei Luftraumverletzungen wird die Flugzeugbesatzung normalerweise zunächst gewarnt, dann können Kampfflugzeuge des betroffenen Landes aufsteigen, um den Eindringling abzudrängen. Ein Beschuss ist das letzte Mittel.

(RP)
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