Istanbul Türkische Regierung nach Festnahme von Erdogan-Kritikern unter Druck

Istanbul · Die Polizei-Razzien gegen Journalisten bringen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in die Defensive. Mit einer Sonderauflage von zwei Millionen Exemplaren reagierte die türkische Tageszeitung "Zaman" gestern auf die Festnahme ihres Chefredakteurs Ekrem Dumanli. Anhänger der Zeitung und der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen gingen in mehreren Städten der Türkei mit dem Blatt und der Schlagzeile "Schwarzer Tag der Demokratie" auf die Straße, um gegen die Festnahmen zu demonstrieren.

Bei einer landesweiten Razzia hatten Sicherheitskräfte am Sonntag mindestens 24 Journalisten und angebliche Regierungsgegner festgenommen. Die Europäische Union kritisierte dies als "unvereinbar mit der Freiheit der Medien". Diese Operation widerspreche den europäischen Werten und Standards. Die Türkei ist seit 1999 Kandidat für einen EU-Beitritt, seit 2005 wird darüber verhandelt. Erdogan reagierte gestern gereizt, wies alle Vorwürfe zurück und sagte, insbesondere die EU solle sich mit Ratschlägen zurückhalten.

Erdogan wirft Gülen vor, ihn stürzen zu wollen. Beobachter wie der Erdogan-kritische Journalist Emre Uslu vermuten, dass die Regierung mit den Festnahmen der Gülen-Leute juristische Fakten schaffen will, um bei den USA die Auslieferung des in Pennsylvania lebenden Predigers beantragen zu können. Erdogan hat US-Präsident Barack Obama bereits persönlich um eine Auslieferung gebeten, doch weder in den USA noch in der Türkei gibt es Gerichtsurteile, die einen solchen Schritt begründen könnten.

Der türkische Vizepremier Bülent Arinc gab gestern zu, dass einige Politiker und Bürokraten ihren Verwandten gut dotierte Posten zugeschoben hätten, ohne dass die dafür offiziell nötigen Qualifikationen vorhanden gewesen seien.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort