Kommentar Türkische Kampf-Justiz

Seitdem türkische Staatsanwälte umfangreiche Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts gegen das Umfeld von Premierminister Erdogan ins Rollen gebracht haben, tobt in der Türkei ein offener Machtkampf. Erdogan, der auf einen klaren Sieg seiner AKP bei den Kommunalwahlen im März gesetzt hatte, schwimmen die Felle davon. Der Premier sah sich bereits zu einer radikalen Kabinettsumbildung genötigt. Dass Erdogan nun sogar seinen politischen Todfeinden von gestern, den türkischen Militärs, schöne Augen macht, zeigt, wie brenzlig die Lage für ihn geworden ist: Erst vor kurzem wegen Verschwörung abgeurteilten Generälen soll plötzlich der Weg zu einer Rehabilitierung geebnet werden.

Für Außenstehende hält das Getümmel in der Türkei eine beunruhigende Erkenntnis parat; die türkische Justiz ist ein politisches Kampfinstrument. In den vergangenen Jahren benutzte Erdogan willfährige Staatsanwälte und Richter zur Generalabrechnung mit den Militärs. Nun dienen dieselben Juristen Erdogans Gegnern im eigenen, konservativ-islamischen Lager. Rechtsstaat sieht anders aus.

(RP)
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