Reaktion auf Putschversuch Türkei verbietet Uni-Mitarbeitern Dienstreisen ins Ausland

Istanbul · In der Türkei geraten immer mehr Berufsgruppen ins Visier der Behörden. Der türkische Hochschulrat hat nun allen Universitätslehrkräften und Wissenschaftlern Dienstreisen ins Ausland verboten.

 Universitätslehrkräften und Wissenschaftlern wie hier an der Istanbuler Hochschule dürfen nicht mehr dienstlich ins Ausland

Universitätslehrkräften und Wissenschaftlern wie hier an der Istanbuler Hochschule dürfen nicht mehr dienstlich ins Ausland

Foto: ap, EM

Uni-Mitarbeiter, die sich bereits zu Dienst- oder Forschungsaufenthalten im Ausland aufhielten, sollten überprüft werden und "so schnell wie möglich" in die Heimat zurückkehren, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Davon betroffen sind möglicherweise auch türkische Gastwissenschaftler, die in Deutschland arbeiten. Aktuelle Angaben über die Anzahl dieser Wissenschaftler gibt es nicht. Nach Angaben das Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD lehrten oder forschten im Jahr 2014 aber beispielsweise 640 türkische Gastwissenschaftler in Deutschland, 2013 waren es 613. Insgesamt arbeiteten in Deutschland im Jahr 2014 mehr als 33.000 Gastwissenschaftler. 953 Türken arbeiteten 2014 als Wissenschaftspersonal in Deutschland. Außerdem waren von den 3001 ausländischen Professoren in Deutschland 32 aus der Türkei. 745 türkische Doktoranden waren zudem im vergangenen Jahr in Deutschland angestellt. An der Fachhochschule und der Universität in Düsseldorf lehren derzeit keine türkischen Gastprofessoren.

Neben dem Verbot von Dienstreisen forderte der Rat alle Hochschulrektoren in der Türkei auf, ihre Mitarbeiter im Lehrbetrieb und in der Verwaltung auf etwaige Verbindungen zur Bewegung des Erdogan-Gegners Fethullah Gülen zu überprüfen. Das gelte auch für ausländisches Lehrpersonal. Ihre Berichte würden bis zum 5. August erwartet.

Präsident Recep Tayyip Erdogan verdächtigt seinen einstigen Verbündeten Gülen, hinter dem Putschversuch vom vergangenen Wochenende zu stehen - der in den USA lebende islamische Prediger weist die Vorwürfe zurük.

Aus Regierungskreisen hieß es, es handele sich um eine vorübergehende Maßnahme. Damit solle die Flucht von "angeblichen Komplizen der Umstürzler in Universitäten" verhindert werden. "Bestimmte Einzelpersonen" würden verdächtigt, in Kontakt mit den Putschisten aus den Reihen der Streitkräfte gestanden zu haben.

Bereits am Dienstag hatte die Regierung mehr als 15.000 Beamte im Bildungssektor suspendiert, die der Gülen-Bewegung nahestehen sollen. Zudem forderte sie knapp 1600 Dekane privater und staatlicher Universitäten zum Rücktritt auf. Insgesamt hat die Regierung seit dem Putschversuch am Freitag etwa 50.000 Soldaten, Polizisten, Richter und Lehrer festgenommen oder suspendiert.

(semi)
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