Athen Tsipras ruft nach Hilfe

Athen · EU-Ratspräsident Tusk warnt Wirtschaftsmigranten vor der Reise nach Europa.

Der griechische Ministerpräsident fordert Solidarität der EU bei der Bewältigung des Flüchtlingsandrangs. Griechenland trage bereits jetzt mehr Lasten als andere Staaten, sagte Alexis Tsipras gestern nach einem Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk in Athen. Nachdem Österreich und die Balkanstaaten ihre Grenze weitgehend geschlossen haben, steigt die Zahl der in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge ständig an. Aktuell sind es rund 35.000 Menschen, Außenminister Nikos Kotzias erwartet bis zu 150.000. In den völlig überfüllten Notlagern herrschen schon jetzt menschenunwürdige Bedingungen.

EU-Ratspräsident Tusk war im Rahmen einer Balkanreise nach Athen gekommen, um den EU-Sondergipfel am Montag vorzubereiten. Premier Tsipras sagte, Griechenland dürfe nicht zu einem "Lager für verlorene Seelen werden". Er fordert, "dass alle Staaten die EU-Verträge respektieren und Sanktionen gegen die verhängt werden, die sie brechen". Grenzschließungen widersprächen der europäischen Solidarität. Tusk will den Prozess des Durchwinkens beenden: "Ich appelliere an alle potenziellen illegalen Wirtschaftsmigranten: Kommen Sie nicht nach Europa, glauben Sie nicht den Schmugglern, riskieren Sie nicht Ihr Geld und Ihr Leben!" Ein gemeinsamer Aktionsplan mit der Türkei sei Priorität des Gipfeltreffens am Montag.

Unterdessen eskaliert die Flüchtlingssituation in Griechenland immer weiter. An der griechisch-mazedonischen Grenze sitzen inzwischen rund 11.000 Menschen fest. Das Notaufnahmelager nahe dem Grenzdorf Idomeni hat nur Platz für 1500 Personen. Einwohner des Dorfes berichteten, Flüchtlinge klopften nachts an die Türen der Häuser, auf der Suche nach Lebensmitteln und Getränken. Die Grenze ist derzeit fast ständig geschlossen. Die mazedonischen Grenzpolizisten lassen pro Tag lediglich einige Dutzend bis einige Hundert Flüchtlinge passieren, gestern waren es rund 500. Wer keinen gültigen syrischen oder irakischen Pass hat, wird abgewiesen, viele werden zurückgeschickt. Die griechischen Behörden haben mit dem Aufbau weiterer Zelte begonnen, scheinen aber völlig überfordert. Auch die Gesundheitsversorgung wird laut Hilfsorganisationen immer schwieriger.

(RP)
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