Washington Trump will Putin-Freund als Außenminister

Washington · Alles läuft auf Rex Tillerson als neuen Chef im State Department zu. Seine Nähe zum Kreml passt in Trumps Konzept, birgt aber Fußangeln.

Rex Tillerson kennt sich aus mit Russland. Seit fast 20 Jahren fädelt der Vorstandsvorsitzende des Ölgiganten Exxon Mobil dort Geschäfte ein. Zu seinem Freundeskreis zählt der Mann, der nächster US-Außenminister werden könnte, Igor Setschin, den Chef des Erdölkonzerns Rosneft und engen Vertrauten Wladimir Putins. Setschin schwärmte sogar einmal von der Vorstellung, mit Tillerson auf einer Harley-Davidson über US-Highways zu rollen. 2013 bekam der breitschultrige Texaner von Russland den "Orden der Freundschaft" verliehen, nachdem er mit Moskau ein Abkommen zur Förderung von Öl in der Arktis ausgehandelt hatte.

Man kenne kaum einen Amerikaner, der bessere Drähte zu Putin habe als Tillerson, zitiert das "Wall Street Journal" Geschäftspartner des Ingenieurs, der im Übrigen glühender Fan der Pfadfinder ist.

Mit seiner Berufsbiografie stünde der 64-Jährige geradezu exemplarisch für den Schwenk, den Donald Trump so oft beschworen hat. Der designierte US-Präsident, der Putin als starken Mann bewundert, will das Verhältnis zum Kreml rapide verbessern. Ein Außenminister Tillerson würde perfekt dazu passen, und schon deshalb scheint alles auf ihn zuzulaufen, nachdem Trump eine ganze Galerie von Kandidaten begutachtet hat. Der Milliardär lobt Tillerson in so hohen Tönen, dass es eine Überraschung wäre, sollte er es sich doch noch anders überlegen.

Kritiker stellen indes die Frage nach Interessenkonflikten. Ob Tillerson nicht schon deshalb auf ein Ende der Russland-Sanktionen dringen würde, weil er viel Geld und Mühe investierte, um in der Arktis die Weichen zu stellen? Als der Westen die Annexion der Krim mit Sanktionen gegen Russland beantwortete, musste Tillerson seine Pläne zurückstellen. Zugleich machte er deutlich, was er von den Strafen hielt: "Wir ermuntern die Leute, die solche Entscheidungen treffen, immer auch den Kollateralschaden zu bedenken - wen sie wirklich treffen mit solchen Sanktionen."

Tillersons Nähe zum Kreml kann sich allerdings auch als Achillesferse entpuppen. Im US-Senat, ohne dessen Segen kein Chefdiplomat sein Amt antreten kann, fehlt es nicht an Wortmeldungen, die ein haariges Bestätigungsverfahren erwarten lassen. "Ein Freund Wladimirs zu sein, ist nicht das Attribut, auf das ich hoffe", meint Marco Rubio, vor zwölf Monaten zu früh als neuer Superstar der Konservativen gehandelt. Der Demokrat Ben Cardin merkt spitz an, man wolle sichergehen, dass der nächste Außenminister tatsächlich amerikanische Interessen vertrete. Umweltverbände sehen ein falsches Signal, wenn ausgerechnet der Chef eines Ölmultis in die Spitzenetage des State Department einzieht. Der scheidende Außenminister John Kerry verglich Exxons traditionelle Haltung zum Klimawandel einmal mit den Täuschungsmanövern der Tabak-Industrie, die jahrelang abstritt, dass Rauchen die Gesundheit gefährdet.

Dabei hat sich gerade Tillerson an einem Spagat versucht, um nicht als Dinosaurier der Klimadebatte zu gelten. Als er 2006 das Unternehmensruder übernahm, korrigierte er die plumpe Strategie seines Vorgängers, der von einer vom Menschen verursachten globalen Erwärmung nichts wissen wollte. Der Pragmatiker bevorzugt die feinere Klinge, etwa indem er das Pariser Klimaabkommen befürwortet.

Rund um den Globus hat Tillerson Deals eingefädelt. In der kurzen Phase nach dem Irak-Krieg, als der libysche Diktator Muammar al Gaddafi auf den Westen zuging, gehörte er zu den Initiatoren der Annäherung. 2007 flog er zu Gaddafi, um ihn in dessen Zelt zu treffen. Neun Monate später bekam Exxon die Genehmigung, in den Küstengewässern Libyens nach Öl zu bohren.

Auch in einer zweiten wichtigen Personalie wurde ein Name genannt: So denkt Trump nach einem Bericht der "New York Times" darüber nach, die frühere Chefin des Technologie-Konzerns Hewlett-Packard, Carly Fiorina, zur Gemeindienst-Direktorin zu machen. Fiorina war erfolglos als Kandidatin in der Vorwahl der Republikaner angetreten.

Außerdem hat Trump erkennen lassen, dass er womöglich an einer Säule der Asienpolitik Amerikas rüttelt, um China im Handelsstreit zu Zugeständnissen zu zwingen. In einem Fernsehinterview stellte er die "Ein-China-Politik" infrage - das Prinzip, nach dem jedes Land, das formelle Beziehungen zu Peking unterhält, der Insel Taiwan die kalte Schulter zeigen muss. Er verstehe voll und ganz, worum es bei dieser Politik gehe, sagte Trump dem Sender Fox News. Er verstehe aber nicht, warum sich die USA daran gebunden fühlen müssten.

(RP)
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