Treffen der G7-Außenminister in Holstein Kräfte sammeln an der Ostsee

Weissenhaus · Bis Samstag hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ihre Kolleginnen und Kollegen der G7 nach Holstein eingeladen. Als Gäste mit dabei: die Außenminister der Ukraine und der Republik Moldau. Wieder geht es vor allem um den Krieg in der Ukraine.

 Annalena Baerbock wird die G7-Außenminister bei ihrem Treffen unter deutschem Vorsitz am Weissenhäuser Strand in Ostholstein versammeln

Annalena Baerbock wird die G7-Außenminister bei ihrem Treffen unter deutschem Vorsitz am Weissenhäuser Strand in Ostholstein versammeln

Foto: dpa/Tobias Hase

Annalena Baerbock ist zurück aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine. Und sie wird sich gleich wieder mit dem Krieg befassen. Wenn sich die G7-Außenminister unter deutschem Vorsitz ab Donnerstagabend bis Samstagmittag am Weissenhäuser Strand, einem Luxusressort in Schleswig-Holstein, an der Ostsee treffen, wird der Ukraine-Krieg erneut die Gespräche bestimmen. Die Außenminister von Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Japan, Kanada und den USA bereiten dabei auch den G7-Gipfel vor, zu dem die Bundesregierung für Ende Juni ins oberbayerische Elmau eingeladen hat – wo auch die letzte G7-Gipfelrunde unter deutschem Vorsitz 2015 bereits getagt hatte. Russland war zuvor wegen seiner völkerrechtswidrigen Annexion 2014 der Krim aus dem Kreis der G8 ausgeschlossen worden. Eine Rückkehr Russlands in die G8 war schon vor Ausbruch des Ukraine-Krieges extrem unwahrscheinlich. Inzwischen gilt sie als ausgeschlossen.

Baerbock wird mit ihren Ministerkollegen den engen Schulterschluss des Westens demonstrieren und auch ein klares Signal der Unterstützung für die Ukraine organisieren. Sichtbarer Ausdruck dieser erklärten Absicht: Baerbock hat sowohl den ukrainischen Außenminister Dymtro Kuleba wie auch den Außenminister von Moldawien, Nicu Popescu, als Gäste zu diesem G7-Treffen nach Holstein eingeladen. Die Republik Moldau muss als direkter Nachbar der Ukraine ein Übergreifen des Krieges auf ihr Territorium beziehungsweise eine gezielte militärische Provokation Russlands befürchten. Die G7-Minister wollen sich über den Kriegsverlauf austauschen und auch über mögliche weitere Szenarien dieses Krieges diskutieren. Außerdem wollen Baerbock und Kollegen von Kuleba hören, wo und wie sie die Ukraine weiter unterstützen können.

Baerbock sagte am Abend zum Auftakt des Treffens in Weissenhaus, die Gefahr, dass der Krieg auch auf Moldau überschwappen könnte, sei zu Beginn „sehr, sehr groß“ gewesen. Die strategisch wichtige Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer sei immer noch „eine freie Stadt“, weswegen auch die Lage für Moldau derzeit „sicherer“ sei. Allerdings hingen im Hafen von Odessa aktuell 25 Millionen Tonnen Getreide für den Weltmarkt fest, die nicht ausgeführt werden könnten. Die G7 berieten in Deutschland auch darüber, wie sie diese Getreideblockade durch Russland auflösen könnten. „Wir erleben in diesem Krieg, dass man sich auf nichts verlassen kann, weil man sich auf keine Äußerung des russischen Präsidenten verlassen kann.“ Deswegen habe sie auch den Außenminister von Moldau ganz bewusst zu diesem G7-Treffen eingeladen. „Wir machen deutlich, dass das internationale Recht stärker ist als Putins perfides Spiel“, so Baerbock.

Eine Abkehr der G7-Staaten von Öl, Gas und Kohle ist bereits großflächig auf dem Weg. Die deutsche Außenministerin hatte bei ihrem Besuch in Kiew noch einmal mit aller Deutlichkeit angekündigt, dass Deutschland seine Energieimporte aus Russland reduzieren und schließlich „auf null“ fahren werde – „und zwar für immer“. Zudem wollen die Außenminister bei ihrem Treffen in der Gemeinde Wangels in Ostholstein ihr weiteres Vorgehen gegen die Pandemie wie auch ihren gemeinsamen Kampf gegen Klimawandel und Erderwärmung abstimmen. Beim G7-Gipfel 2015 in Elmau hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Gruppe der sieben größten westlichen Industriestaaten das Ende des fossilen Zeitalters im 21. Jahrhundert angekündigt.

Zudem wollen sich die G7-Außenminister über Nahrungsmittelsicherheit – auch unter dem Eindruck ausgefallener Getreideernten in der Ukraine und in Russland – austauschen, ebenso über die Entwicklung des afrikanischen Kontinents. Baerbock plant schon jetzt für den Herbst ein zweites G7-Außenministertreffen unter deutschem Vorsitz: dann soll Afrika ganz oben auf der Agenda stehen. Außerdem beraten die Minister über die Rolle Chinas und die Lage im Indopazifik. Virtuell soll zu Teilen des Programmes auch die Außenministerin von Indonesien, Retno Marsudi, zugeschaltet werden. Indonesien hat derzeit den Vorsitz in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20).  

G7-Treffen sind immer wieder von großen Demonstrationen begleitet. Die Polizei stellt sich deshalb auf einen Großeinsatz ein. Beim letzten G7-Außenministertreffen 2015 in Lübeck sicherten insgesamt 3500 Einsatzkräfte die Konferenz. Auch dieses Mal wird der Tagungsort an der Ostsee weiträumig abgesperrt sein.   Von der Ostsee zieht die Außenminister-Karawane nach Ende ihrer G7-Beratungen weiter nach Berlin. An Samstag und Sonntag tagen die Nato-Außenminister in der deutschen Hauptstadt. Dort wieder im Mittelpunkt: der Ukraine-Krieg. Zudem wollen sich die Nato-Minister über das neue strategische Konzept der Allianz beugen, das das Bündnis beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende Juni in Madrid verabschieden will.   

(hom)
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