Neuss Tödliche Attacke im Jobcenter

Neuss · In Neuss hat gestern ein Mann eine 32 Jahre alte Arbeitsvermittlerin in deren Büro erstochen. Die Bluttat wirft die Frage auf, ob Mitarbeiter in Behörden künftig besser geschützt werden müssen.

Das Verbrechen geschah gestern gegen 9 Uhr, nachdem ein Arbeitssuchender in dem Jobcenter ohne Termin im Büro seiner SachbJobcentereraterin erschienen war. Laut Staatsanwaltschaft eskalierte die Situation während des Gesprächs sehr schnell. Der mutmaßliche Täter, ein 52 Jahre alter Familienvater, zog plötzlich ein Messer und verletzte die 32-Jährige so schwer, dass sie trotz einer Notoperation im Krankenhaus starb.

Der Mann wurde wenig später vor dem Jobcenter mit Handverletzungen von der Polizei festgenommen. Von den Beschäftigten der Arbeitsagentur, die sofort Alarm ausgelöst hatten, erlitten 15 einen Schock und mussten von Notfallseelsorgern betreut werden.

Die Staatsanwaltschaft wollte noch keine Angaben zum Motiv des marokkanischstämmigen Täters machen. Er und das Opfer sollen in keiner persönlichen Beziehung zueinander gestanden haben. Die 32-Jährige wurde noch gestern obduziert. Die Sachbearbeiterin, die in Düsseldorf wohnt, verheiratet und Mutter eines kleinen Kindes ist, war seit vier Jahren beim Jobcenter Neuss beschäftigt. Sie arbeitete in einer Abteilung, in der unter dem Namen "Visionen 50 plus" vor allem Langzeitarbeitslose über 50 Jahre gefördert und vermittelt werden.

Landesarbeitsminister Guntram Schneider (SPD) sprach von einer in Nordrhein-Westfalen bislang einmaligen Tat. "Wir werden in Kooperation mit den Kommunen überprüfen, inwieweit die Sicherheit in den Jobcentern zu verbessern ist," kündigte er an. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im NRW-Landtag, Martina Maaßen, forderte Polizei und Justiz auf, die Umstände der Tat vollständig aufzuklären. "Die Arbeitssituation von Angestellten der Jobcenter muss überdacht werden", sagte Maaßen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft kritisierte, dass die Jobcenter und Arbeitsagenturen keine sicheren Arbeitsplätze seien. "Der öffentliche Arbeitgeber hat die Verpflichtung, für den Schutz der Beschäftigten zu sorgen", sagte Landeschef Erich Rettinghaus. "Notfalls brauchen wir Eingangskontrollen durch Sicherheitsdienste und Videoüberwachung." Auch Werner Marquis, NRW-Sprecher der Bundesagentur für Arbeit, forderte Konsequenzen. "So etwas darf nicht noch einmal passieren", bekräftigte er. "Man kann aber keine pauschalen Sicherheitsregelungen für alle Jobcenter finden. Die lokalen Unterschiede sind zu groß."

Bei der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg werden Übergriffe auf Mitarbeiter nicht erfasst. "Jedes Jobcenter entscheidet selbst, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden", sagte eine Sprecherin.

(RP)
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