Persönlich Timothy Garton Ash . . . erhält den Karlspreis 2017

Das dürfte Autokraten vom Schlage eines Recep Tayyip Erdogan gar nicht gefallen: Der renommierte britische Historiker und Publizist Timothy Garton Ash (61) soll in diesem Jahr mit dem Karlspreis der Stadt Aachen ausgezeichnet werden. Seit langem schon ficht Ash für umfassende Redefreiheit. In seinem gleichnamigen Buch, das im vorigen Jahr auf Deutsch erschien, formuliert er zehn Prinzipien für die Redefreiheit in der digitalen Welt, die universelle Gültigkeit beanspruchen. Regel Nummer eins lautet: "Alle Menschen müssen in der Lage und befähigt sein, frei ihre Meinung zu äußern." Gewaltsame Einschüchterung, so heißt es weiter, werde nicht akzeptiert.

Ash plädiert leidenschaftlich für den Diskurs mit Andersdenkenden. Anstößige Ansichten seien kein Grund, jemanden von einer öffentlichen Debatte auszuschließen, sagte er vor einigen Wochen im "Spiegel". Die während des US-Wahlkampfs in Großbritannien erhobene Forderung, gegen Donald Trump ein Einreiseverbot zu verhängen, sei "eine sehr dumme Idee" gewesen. Ash: "Wir sollten ihn einladen und nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen."

Das Internet, so Ash weiter, sei "die größte Kloake der Weltgeschichte", voll mit Hass und Dummheiten. Den Nutzern empfiehlt er, sich ein dickes Fell zuzulegen, aber auch wachsam zu sein, wenn Gewalt droht.

Professor Ash, der 1955 in London geboren wurde, lehrt seit 1990 europäische Zeitgeschichte am St. Antony's College der Universität Oxford. Er sei ein "herausragender Grenzgänger zwischen Geschichtswissenschaft, Journalismus und präziser politischer Analyse", begründet das Direktorium des Karlspreises seine diesjährige Entscheidung. Der Karlspreis, der 1950 erstmals verliehen wurde, wird traditionell an Christi Himmelfahrt überreicht. Im vorigen Jahr war Papst Franziskus im Vatikan damit ausgezeichnet worden.

(RP)
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