Pannen und Affären wurden zum Stolperstein Thüringens Innenminister Köckert tritt zurück

Erfurt (rpo). Christian Köckert ist als Thüringens Innenminister zurückgetreten. Der CDU-Politiker zog damit die Konsequenzen aus zahlreichen Affären und Skandalen. Ministerpräsident Bernhard Vogel will in den nächsten Tagen einen Nachfolger benennen.

Er übernehme die politische Verantwortung für eine aus dem Ministerium verschwundene CD mit geheimen Daten, sagte Köckert am Freitag in einer Sondersitzung des Landtags. Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) kündigte die Berufung eines Nachfolgers an. Der Umgang mit der CD sei ungewöhnlich gewesen, sagte Vogel. SPD-Landeschef Christoph Matschie forderte eine grundlegende Kabinettsumbildung.

Der 45-jährige Köckert geriet seit seinem Amtsantritt 1999 immer wieder unter Druck. Im vergangenen Jahr schwelte die Affäre um die Spitzeltätigkeit des früheren NPD-Landesvizes Tino Brandt. Vor kurzem wurde Köckert mit seinem Auto mit Tempo 190 statt 130 geblitzt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Erfurt gegen den Ex-Sprecher Köckerts wegen Verdachts auf Geheimnisverrat. Er soll im vergangenen Sommer Journalisten brisantes Material angeboten haben, um angeblich von der Affäre um Brandt abzulenken. Köckert begründete den Rücktritt allerdings nur mit dem Verschwinden des Datenträgers.

Vogel wirft Opposition "Treibjagd" vor

Die CD enthielt Dateien eines Rechners, der 1997 beim Umzug des Innenministeriums unter SPD-Minister Richard Dewes verschwand. Köckert sagte, er habe die CD im vergangenen Juni seinem damaligen Sprecher gegeben, nachdem die Zeitung "Freies Wort" Auszüge aus den brisanten Dateien abdruckte. Der Sprecher sollte die Dateien mit dem Bericht vergleichen. "Diese CD ist derzeit nicht auffindbar", sagte Köckert. Die PDS hatte die Entlassung Köckerts gefordert, die SPD eine Beurlaubung bis zur Aufklärung der Vorwürfe. In der Landtagssitzung am 21. und 22. November soll ein neuer Minister vereidigt werden, sagte Vogel.

Vogel warf der Opposition eine "Treibjagd" auf Köckert vor, während sie keine Belege für den Vorwurf des Geheimnisverrats bringe. Justizminister Karl Heinz Gasser (CDU) wies im Landtag den Vorwurf von PDS und SPD zurück, die Staatsanwaltschaft habe nicht intensiv genug ermittelt. Er lehnte die Forderung nach einer externen Untersuchung durch Generalbundesanwalt oder Bundeskriminalamt ab.

1991 hatte der gelernte Theologe Köckert seine evangelische Pfarrstelle aufgegeben und war als Bürgermeister von Stedtfeld bei Eisenach in die Kommunalpolitik eingestiegen. Im November 1995 wurde er CDU-Fraktionschef, 1999 Innenminister. Köckert ist in zweiter Ehe verheiratet und hat sechs Kinder.

(RPO Archiv)
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