Den Haag/Beirut Terroranschlag überschattet Hariri-Prozess

Den Haag/Beirut · Der Mord an dem libanesischen Ex-Premier soll in Den Haag aufgeklärt werden. Gleichzeitig entsteht neue Gewalt.

Neun Jahre nach der Ermordung des libanesischen Staatsmannes Rafik al Hariri hat vor einem Sondertribunal in Den Haag der Prozess gegen die mutmaßlichen Attentäter begonnen. Angeklagt sind vier libanesische Schiiten, die der radikal-islamischen Hisbollah angehören und den Anschlag auf den sunnitischen Ex-Ministerpräsidenten geplant haben sollen. Da die Männer auf der Flucht sind, findet die Verhandlung ohne sie statt.

Der Prozess startet zu einem Zeitpunkt, zu dem der Libanon im Sog des Syrien-Krieges erneut in Gewalt zu versinken droht. Bei einem Autobombenanschlag kurz vor Beginn des Prozesses sind im Libanon fünf Menschen ums Leben gekommen. Vier der insgesamt 43 Verletzten sind nach Angaben von Ärzten in kritischem Zustand. Der Sprengsatz detonierte vor einer Bank in der Stadt Hermel, einer Hochburg der libanesischen Schiiten-Bewegung Hisbollah.

Das Attentat am 14. Februar 2005 in Beirut, bei dem außer Hariri 21 weitere Menschen ums Leben gekommen waren, hatte das Land an den Rand eines Bürgerkrieges gebracht. Der Anschlag hatte zu politischen Verwerfungen geführt, in deren Folge die einstige Schutzmacht Syrien ihre Truppen aus dem Libanon abziehen musste. Er führte auch zu Spannungen zwischen der Hisbollah und den Sunniten, die bis heute andauern. Verschärft wurde dieser Konflikt in den vergangenen Monaten dadurch, dass die Hisbollah Milizionäre in den syrischen Bürgerkrieg schickte, um auf der Seite der Truppen von Präsident Baschar al Assad zu kämpfen.

Der Ankläger des Sondertribunals, Norman Farrell, zeigte sich am ersten Prozesstag zuversichtlich, was die Beweisführung angeht. Er wolle mehr als 500 Zeugen aufrufen, erklärte er. Hariris Sohn und politischer Erbe, Saad Hariri, war nach Den Haag gereist. Im Gespräch mit Angehörigen der anderen Anschlagsopfer sagte er: "Dies ist ein historischer Tag, der für die Gerechtigkeit im Libanon eine neue Seite aufschlägt."

(RP)
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