Teenager-Affäre holt Berlusconi ein

Einen Tag, nachdem das römische Verfassungsgericht die strafrechtliche Immunität des italienischen Regierungschefs gekippt hat, werden neue Ermittlungen gegen Silvio Berlusconi bekannt. Es geht um die Liaison mit einer minderjährigen Tänzerin und möglichen Amtsmissbrauch.

Rom/Düsseldorf Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat noch nie ein Hehl daraus gemacht, was er von der Justiz seines Landes hält: ganz und gar nichts. Linke Richter und Staatsanwälte, so empörte er sich, wollten ihn aus dem Amt jagen. Und manchmal sieht es ja auch ganz danach aus. Nur einen Tag, nachdem das römische Verfassungsgericht entschieden hatte, dass Berlusconi noch während seiner Amtszeit wegen Korruption und Betrug vor Gericht gestellt werden kann, wurde gestern bekannt, dass dem "Cavaliere" in einem weiteren Fall Ärger mit der Justiz droht.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Berlusconi im Zusammenhang mit einer minderjährigen Nachtclub-Tänzerin. Die Untersuchung solle klären, ob der 74-Jährige Sex mit der damals 17-jährigen Marokkanerin hatte und seine Macht missbrauchte, um die Beziehung zu verschleiern, hieß es in einer Stellungnahme der Anklagebehörde. Berlusconi sei zu einer Befragung vorgeladen worden. Zudem wurde die Durchsuchung von Büros einiger Mitarbeiter und Vertrauter Berlusconis angeordnet.

Die schlüpfrige Geschichte um die unter dem Künstlernamen "Ruby Rubacuori" auftretende Tänzerin Karima hatte als "Teenager-Affäre" im vergangenen Jahr ganz Italien in Atem gehalten. Die junge Frau hatte damit geprahlt, nach dem Besuch einer Party auf dem Anwesen Berlusconis bei Mailand 7000 Euro erhalten zu haben. Sexuelle Gegenleistungen freilich bestritt sie. Später soll Berlusconi dafür gesorgt haben, dass die Polizei die wegen Diebstahlsverdachts festgenommene junge Dame auf freien Fuß setzte. Es wurde gemutmaßt, dass Berlusconi ein Verhältnis mit der minderjährigen Tänzerin hatte und durch sein Eingreifen einen Skandal verhindern wollte. Berlusconi räumte ein, Ruby zu kennen. Er habe auch bei der Polizei angerufen, habe aber dabei nur "einem Menschen in Not" helfen wollen.

Berlusconis Anwälte nannten die Vorwürfe "absurd und unbegründet". Die Untersuchung sei ein "schwerer Eingriff in das Privatleben des Ministerpräsidenten", erklärten sie. Alle Vorwürfe seien bereits von Zeugen widerlegt worden. Offenbar verfügt die Staatsanwaltschaft aber über belastende Hinweise auf das, was sich auf Berlusconis fürstlichem Anwesen Arcore zwischen Februar und Mai 2010 abgespielt hat. Der Hausherr hatte sich im Untergeschoss eine Privatdiskothek einrichten lassen, komplett mit Bar, Bühne und einer Stange für Tänzerinnen. Die durften dort nach Schilderungen von Teilnehmerinnen in äußerst spärlicher Bekleidung einen angeblich vom libyschen Potentaten Gaddafi inspirierten und mit eindeutigen Gesten untermalten Gruppentanz namens "Bunga-Bunga" aufführen. Berlusconi hat die wilden Partys stets als sein Privatvergnügen verteidigt und Rücktrittsforderungen vehement zurückgewiesen.

Doch nun droht die "Teenager-Affäre" im Gegensatz zu den jahrelang verschleppten und deshalb von Verjährung bedrohten Prozessen wegen angeblichen Betrugs und Korruption für Berlusconi brandgefährlich zu werden. Sollten sich die Vorwürfe der Prostitution mit Minderjährigen und des Amtsmissbrauchs belegen lassen, könnte das den Regierungschef, der sich in insgesamt elf Strafverfahren bisher stets aus der Affäre ziehen konnte, am Ende die Macht kosten.

(Rheinische Post)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort