Homs Syrien droht die nächste Eskalation

Homs · Sowohl die USA als auch die syrische Regierung planen wohl Offensiven. Eine Million Menschen könnte aus Angst in die Türkei fliehen.

Syrien brodelt. Medienberichten zufolge bereiten sowohl die USA als auch die von russischen Kampfflugzeugen unterstützte syrische Regierung neue Offensiven in dem Bürgerkriegsland vor. Russland sei grundsätzlich mit den Vorschlägen der USA einverstanden, wie die Militäreinsätze beider Länder über Syrien koordiniert werden sollten, sagte der stellvertretende russische Verteidigungsminister Anatoli Antonow.

Die neuen Kämpfe in Syrien könnten allerdings eine erneute Fluchtwelle auslösen. Dies wiederum dürfte die Wanderungsbewegung Richtung Europa verstärken. Die USA wollen einem Bericht der "New York Times" zufolge ihre Luftangriffe auf die Stadt Rakka im Norden Syriens ausweiten, dort hat der "Islamische Staat" (IS) sein Hauptquartier. Von Luftwaffenstützpunkten in der Türkei aus sollen die Kampfjets der USA und ihrer Verbündeten demnach den Druck auf den IS erhöhen, während bis zu 20.000 Kurdenkämpfer und 5000 arabische Rebellen auf Rakka vorrücken. In dem Zeitungsbericht heißt es, die USA wollten zudem syrische Rebellen ab sofort direkt mit Munition und möglicherweise auch mit Waffen versorgen. Einige der vom Westen unterstützten Rebellenverbände in Syrien fordern die Lieferung von Luftabwehrraketen, um sich gegen russische Angriffe wehren zu können. Welche Gruppen in Syrien von den USA aufgerüstet werden sollen, ist unklar.

Insbesondere die Rolle der kurdischen Kämpfer in Syrien verstärkt in Ankara die Sorge, die syrische Kurdenpartei PYD könnte in Nord-Syrien versuchen, einen eigenen Kurdenstaat zu gründen. Westliche Waffenhilfe für die PYD, die bei den USA als verlässlicher und durchsetzungsfähiger Partner im Kampf gegen den IS gilt, wird von der Türkei deshalb scharf kritisiert. Bei seinem Besuch in Brüssel am Montag betonte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, die mit der türkisch-kurdischen Rebellengruppe PKK verbündete PYD sei genauso eine Terrororganisation wie der IS.

Während die USA den Angriff auf Rakka planen, laufen im Westen Syriens der Deutschen Presse-Agentur zufolge die Vorbereitungen für eine Bodenoffensive syrischer Soldaten, libanesischer Hisbollah-Kämpfer und iranischer Revolutionsgardisten nördlich der Stadt Homs. Auch - offiziell aus Freiwilligen zusammengesetzte - russische Truppen könnten bald in Syrien eingreifen. In der Gegend nördlich von Homs hatten russische Kampfflugzeuge in den vergangenen Tagen die Stellungen von Rebellen angegriffen. Zweimal gerieten russische Jets dabei in den türkischen Luftraum; Moskau sprach von einem Versehen, doch die USA und die Nato meldeten Zweifel an dieser Darstellung an.

Neben einer Eskalation der militärischen Situation beim Nachbarn Syrien erwartet die Türkei eine Verschlimmerung der humanitären Lage. Sollten die russischen Luftangriffe das militärische Gleichgewicht im dicht besiedelten Westen Syriens verändern und der syrischen Regierung zur Rückeroberung verlorener Gebiete verhelfen, könnten mehr als eine Million zusätzlicher Flüchtlinge in die Türkei kommen, sagte Vizepremier Numan Kurtulmus. Besonders aufmerksam beobachtet Ankara die Lage in der ehemaligen syrischen Wirtschaftsmetropole Aleppo nahe der türkischen Grenze. In der Gegend kämpfen Regierungstruppen, der IS und andere Rebellenverbände gegeneinander.

(RP)
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