Berlin Studie: Armut wird Dauerschicksal

Berlin · Wer einmal in Armut geraten ist, kommt immer seltener wieder heraus. Dies geht aus dem gestern in Berlin vorgestellten Sozialbericht 2011 hervor. Demnach sind fast 87 Prozent der Personen, die 2009 unter der Armutsgrenze lagen, bereits in den vier Jahren zuvor mindestens einmal von Armut betroffen gewesen, ein Drittel war dauerhaft arm.

Zudem gelinge es weniger Menschen, ihre Einkommenssituation zu verbessern. So sei das Risiko, längerfristig in unteren Einkommensschichten zu verbleiben, seit den 80er Jahren von 57 Prozent auf 65 Prozent gestiegen.

Im Alltag zeigt sich die Armut der Studie zufolge vor allem beim Wohnen. Jeder dritte Armutsgefährdete sah sich nach eigener Einschätzung durch Wohnkosten finanziell "schwer belastet". Bei der nicht armutsgefährdeten Bevölkerung war es knapp jeder Fünfte.

Insgesamt waren in Deutschland 2008 rund 16 Prozent der Deutschen von Armut bedroht. Fast jeder dritte Armutsgefährdete sei nicht in der Lage gewesen, zumindest jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen.

Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, forderte anlässlich des Berichts mehr Investitionen in die Bildung. Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt sei mit 6,8 Prozent in 2009 "ganz nüchtern betrachtet" zu gering, um der wirtschaftlichen Relevanz von Bildung gerecht zu werden, kritisierte er. 2009 hatten ein Viertel der deutschen Bevölkerung und 53 Prozent der hier lebenden Ausländer keinen oder noch keinen beruflichen Bildungsabschluss.

Zwar wachse die Zahl der jungen Menschen mit Fachhochschul- oder Hochschulzulassung (2009: 43 Prozent). Statistiken zufolge liege Deutschland aber auf einem der unteren Plätze, was die Qualität der Abschlüsse betrifft, dazu fehle es trotz überfüllter Hörsäle an hochqualifizierten Arbeitskräften.

Der Sozialbericht wurde vom Statistischen Bundesamt, dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und der Bundeszentrale für politische Bildung vorgestellt. In der Untersuchung wird festgestellt, dass 2010 die Hälfte der Bevölkerung ab 15 Jahren ihren Lebensunterhalt überwiegend aus eigener Erwerbstätigkeit finanziert habe. 27 Prozent lebten von Renten, Pensionen oder eigenem Vermögen, 15 Prozent wurden von Angehörigen finanziert. Acht Prozent erhielten Sozialleistungen.

Zwischen Ost und West bestünden weiterhin große Unterschiede in der Einstellung zur Erwerbstätigkeit, zeigt der Sozialbericht auf. Dies zeige sich etwa beim Thema Familie und Beruf. 66 Prozent der Westdeutschen bewerteten die Konsequenzen, wenn Frauen erwerbstätig seien, eher positiv, in Ostdeutschland seien dies 92 Prozent.

(RP)
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