Jagoda warnt vor Aktionismus Streit um Arbeitsmarktpolitik neu entbrannt

Frankfurt/Main (rpo). Zum Jahreswechsel ist der Streit um den richtigen Weg zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit neu entbrannt. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Ursula Engelen-Kefer, forderte die Bundesregierung zu aktivem Handeln auf. Demgegenüber warnte der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, vor zu großem Aktionismus.

Am Neujahrstag bekräftigte die IG Metall ihre Forderung nach deutlichen Tariferhöhungen. Engelen-Kefer mahnte am Montag im Südwestrundfunk bei der Berliner Regierungskoalition für 2002 beschäftigungspolitische Reformen an. Wenn Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Neujahrsansprache neuen Aufschwung ankündige, so hoffe sie, dass dieser Satz Programm für die rot-grüne Regierung sei, sagte die Gewerkschafterin. Von selbst passiere in diesem Bereich nichts. Die Regierung müsse aktive Beschäftigungspolitik betreiben. Engelen-Kefer plädierte für Investitionen in Bildung, Förderung der Kommunikationswege sowie bei Umweltmaßnahmen.

Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel bekräftigte die Absicht der Gewerkschaften, in der bevorstehenden Tarifrunde deutliche Lohnerhöhungen durchzusetzen. "Die Erwartungen unserer Mitglieder sind sehr hoch", sagte Zwickel in einem am Dienstag veröffentlichten Interview des Magazins "Stern". Er rechne in der kommenden Tarifrunde mit Forderungen seiner Gewerkschaft zwischen sechs und sieben Prozent. Der IG-Metall-Vorstand hatte Anfang Dezember eine Einstiegsforderung von fünf bis sieben Prozent bekanntgegeben.

Vom "Gerede" über eine Rezession halte er nichts, sagte der Gewerkschaftschef. Er glaube auch nicht, dass er mit den Forderungen die Wiederwahl von Bundeskanzler Schröder gefährde. Zudem habe er niemandem eine moderate Lohnrunde versprochen. "Ich habe dem Kanzler ausdrücklich gesagt, dass er nicht auf die Bescheidenheit der Arbeitnehmer setzen darf, wenn er selbst eine Politik der ruhigen Hand verkündet und signalisiert: Alles halb so schlimm." Es könne nicht im Interesse einer sozialdemokratisch geführten Regierung liegen, wenn die Erwartungen einer Mehrzahl der Arbeitnehmer enttäuscht würden.

Im Gegensatz zu den Forderungen des DGB wandte sich Jagoda am Montag im Mitteldeutschen Rundfunk ausdrücklich gegen hektische Aktivitäten am Arbeitsmarkt. Stattdessen plädierte er für ein abgestimmtes Vorgehen, um die negativsten Prognosen erst gar nicht eintreten zu lassen. Man müsse aber nicht studiert haben, um sagen zu können, dass die Arbeitslosenzahl womöglich schon Ende Januar die Zahl von vier Millionen erreichen werde, räumte der Chef der deutschen Arbeitsämter ein. Wichtig sei indes die Entwicklung über das gesamte Jahr hinweg. Für jeden Mitarbeiter seiner Behörde sei es eine Herausforderung, negative Prognosen nicht eintreten zu lassen, sondern zu unterlaufen.

Der sächsische CDU-Vorsitzende Georg Milbradt sprach sich angesichts der schlechten Lage am Arbeitsmarkt dafür aus, Erwerbslose über sozial beitragsfreie Jobs wieder in Beschäftigung zurückzuführen. Man müsse bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit neue Wege gehen und Anreize für die Betroffenen schaffen, sagte Milbradt der Nachrichtenagentur AP. Deshalb sollten Arbeitslose, die ein Beschäftigungsverhältnis mit niedrigem Einkommen eingingen, von den Sozialbeiträgen befreit werden. Die Kosten müssten vom Steuerzahler getragen werden.

(RPO Archiv)
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