Berlin Stöhnen über die Grünen

Berlin · Joschka Fischer und die Grünen, das war schon öffentlich stets eine Tortur. "Fischer quälen, Ströbele wählen", textete Kandidat Hans-Christian Ströbele. In der nun von Fischer veröffentlichten Binnensicht sind die Zweifel an der eigenen Partei noch ausgeprägter. So stark, dass er sich bereits Ende 2002 "tief resigniert" die Frage stellte, "wie lange ich diese Wechselbäder in meiner Partei eigentlich noch durchhalten würde". Fischer: "Ich spürte, dass ich begann, müde zu werden."

In den Memoiren jedenfalls wird er nicht müde, die eigene Truppe mit Spott zu überziehen. Er kritisiert den "grün-protestantischen Nationalpazifismus" und wirft der damaligen Grünen-Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer völlige Verantwortungslosigkeit vor. "Mir stieg das Blut in den Kopf, und ich begann innerlich zu kochen vor Wut", lautet eine Beschreibung seiner Gefühle in internen Sitzungen. Und wenn ihm dann "schlicht der Kragen platzte", dann drohte er unvermittelt auch mit Rücktritt, um die "nackte Existenz" der Grünen doch noch zu retten.

Selbstlos ordnete er der Koalition sogar seinen eigenen "Traum von Brüssel" unter. Er habe gerne EU-Außenminister werden wollen. Doch dann hätte es die "Gefahr von Nachfolgekämpfen" gegeben. Und der Kanzler habe sich gefragt, ob eine neue Grünen-Führung ohne Fischer überhaupt Mehrheiten hinter sich bringen könnte. Und so war sich Fischer "mit dem Kanzler schnell einig", dass er in schwerer See "nicht abmustern" konnte.

(RP)
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