Verwunderung über Äußerungen zu Rürup Stiegler spricht von "Professorengeschwätz"

Berlin (rpo). Mit Entsetzen haben Politiker der Opposition und aus den eigenen Reihen auf die Äußerungen von SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler über die Rürup-Kommission reagiert.

Stiegler sprach im "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe) der Kommission zur Reform der sozialen Sicherungssysteme ihre Existenzberechtigung ab. "Ich erwarte, dass die Professoren wie Herr Rürup uns nicht länger mit ihrer Ejaculatio praecox beglücken", wird Stiegler zitiert. Der Fraktionsvize warf Rürup "Professorengeschwätz" vor.

Bundeskanzler Gerhard Schröder reagierte gelassen auf Stieglers Äußerungen. Wenn Stiegler wieder jemanden gescholten habe, dann laufe das nach dem Muster: "Wenn das Herz voll ist, dann läuft der Mund über". Am Montag noch hatte Schröder eine "Kakophonie" von Äußerungen zur Renten- und Steuerpolitik beklagt. Dies war als Mahnung unter anderen an SPD-Generalsekretär Olaf Scholz gewertet worden, der sich einen öffentlichen Schlagabtausch mit den Grünen über die Notwendigkeit einer weiteren Rentenreform geliefert hatte.

Grünen-Chef Fritz Kuhn sagte laut "Tagesspiegel": "Herr Stiegler hätte zuerst denken, dann reden sollen." Diese Äußerungen seien kein Beitrag zur Reduzierung der Kakophonie. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mahnte das Regierungslager zur Zurückhaltung in der Rentendiskussion.

Stiegler sagte nun, Scholz habe "vollkommen Recht", wenn er sage, er sehe für eine weitere Reform bis 2010 keine Notwendigkeit. Er persönlich sei immer gegen die Einsetzung der Expertenkommission unter Vorsitz des Sachverständigen Bert Rürup gewesen. "Ich habe die Schnauze voll davon, dass wir vor unseren Mitgliedern und Wählern täglich den Kopf hinhalten müssen für dieses Professorengeschwätz." Dem grünen Koalitionspartner warf Stiegler "Profilierungssüchte" vor.

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, die Äußerungen des SPD-Fraktionsvize seien der Beweis für eine verheerende Mischung aus Reformunfähigkeit und Konzeptionslosigkeit bei Rot-Grün. "Die SPD sollte sich fragen, wie lange sie sich noch mit den permanenten Unflätigkeiten Stieglers schmücken möchte", wird FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt in dem Blatt zitiert.

Der SPD-Abgeordnete Carsten Schneider erwiderte, er sei "zutiefst erschüttert". So trage Stiegler nicht zum Zusammenhalt der Fraktion bei. Der hessische SPD-Abgeordnete Rüdiger Veit äußerte allerdings Verständnis für Stiegler. "Die sollten ihr Amt zurückgeben, wenn sie jetzt schon wissen, was richtig ist", sagte er in der "Financial Times" zu der Kommission.

Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt, die Scholz' Äußerung zur Rentenreform öffentlich kritisiert hatte, sagte in der ARD zu den möglichen Sozialreformen: "Man sollte zwischenzeitlich mal den Mund halten und nicht immer wieder einen neuen Vorschlag machen." Sie habe großes Verständnis dafür, dass man sich über die Reform der sozialen Sicherungssystem unterhalte. "Man muss aber nicht öffentlich immer mit Detailvorschlägen kommen", betonte die Rentenexpertin.

Zugleich kritisierte sie den Aufruf von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering, zu Gunsten des Staates den Konsum zu reduzieren. Konsumverzicht, gerade vor Weihnachten, sei sicher der falsche Begriff. "Wir hoffen ja sehr darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger das Geld, das sie haben, nehmen und Weihnachtsgeschenke kaufen und sich etwas Gutes tun, und eben nicht Konsumverzicht üben", sagte Göring-Eckardt.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort