Steuerhinterzieher und Steuervergeuder

Da ist eine sehr alte Frau. Sie bittet ihren Sohn, diskret ein heikles Auslandsvermögen abzuwickeln. Es könnte ihre letzte Bitte sein. Der Sohn tut, was damals so viele getan haben: Er parkt das Geld auf einem verschwiegenen Fleckchen Erde.

Sein Problem: Er wurde später Finanzminister. Sein Pech: Mit dem Ankauf von Steuer-CDs hat die Steuerfahndung heute Möglichkeiten, die er damals nicht ahnen konnte. Sein Glück: Offenbar fiel er zu spät auf, weshalb er wohl straffrei blieb. Was bei anderen als Anekdote mit menschelndem Touch durchgehen würde, wird für Linssen zu einer Affäre. Zu recht. Denn er verwaltet als CDU-Schatzmeister und Finanzchef der RAG-Stiftung immer noch große Geldsummen. Da gelten andere Maßstäbe. Linssen muss sich der Kritik stellen.

Allerdings: Manche Kritiker aus der Politik, die sich jetzt als Anwälte des ehrlichen Steuerzahlers aufspielen, sind kaum besser. Sie hinterziehen vielleicht keine Steuern. Aber sie vergeuden sie. Dass die millionenschweren Fehler beim Bau der Elbphilharmonie, beim Berliner Flughafen oder beim Duisburger Landesarchiv wahrscheinlich straffrei bleiben, macht den Schaden für den Steuerzahler ja nicht kleiner.

(RP)
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