Analyse Steinmeiers Glaubensbekenntnis

Tunis · Mit einem persönlichen Bekenntnis zum Christentum hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor gut 300 Studenten der El Manar Universität in Tunis für eine religiöse Fundierung der Politik und zugleich für eine Trennung der Politik von der Religion geworben.

Das ist Frank-Walter Steinmeier
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Foto: dpa/Swen Pförtner

Er wolle seinen "Außenminister-Hut einmal zur Seite legen und etwas ganz Persönliches sagen", erklärte Steinmeier. "Denn auch ich selbst lebe meinen Glauben: Ich bin Christ", betonte er. Er sei "aktiv in der protestantischen Kirche in Deutschland", und natürlich gebe er seine Religion nicht an der Garderobe ab, wenn er in sein Ministerbüro gehe. Zur Bestärkung zitierte er die 33. Sure des Korans, nach der Gott dem Menschen "nicht zwei Herzen in die Brust gelegt hat, sondern eines". Steinmeiers Appell: "Mein Glaube inspiriert zwar mein Handeln, im privaten wie im öffentlichen Raum, aber mein Glaube darf nicht selbst zum Gegenstand der Politik werden - und schon gar nicht zum Instrument gegen Andersgläubige." Sein Publikum - Studenten, Dozenten und Diplomaten - nahm es ohne Regung zur Kenntnis.

Die war kurz zuvor um so deutlicher ausgefallen, als Steinmeier ihnen die Beobachtung einer arabischen Frau wiedergab: "Arabische Frauen denken: Europäische Frauen gehen im Bikini zur Arbeit und brennen mit ihrem Chef durch. Europäische Frauen denken: Arabische Frauen müssen ihr ganzes Leben mit Mann und Kamel durch die Wüste ziehen, aber erst kommt das Kamel und zehn Meter dahinter die Frau." Viele Studenten lachten. Offenbar ist die von ihnen erlebte Wirklichkeit weit von diesem Vergleich entfernt.

Auch in Tunesien war "Pegida" Thema. Steinmeier sprach das Phänomen offen an: "Leider rufen manche auf deutschen Straßen und Plätzen ,Die Muslime sind schuld, sie haben in Europa nichts verloren', und dann gib es islamische und islamistische Demagogen, die rufen: ,Die Ungläubigen sind schuld, die musst Du bekämpfen!'" Daraus entwickelte der Außenminister die Formel: "Wer mit Religion Feindbilder schafft, liegt genauso falsch wie derjenige, der gegen Religion Feindbilder schafft."

(may-)
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