Berlin Steinmeier auf den Spuren Kaiser Wilhelms

Berlin · Der Bundespräsident besucht den Libanon - als erstes deutsches Staatsoberhaupt seit 120 Jahren.

Knapp eine Million Flüchtlinge aus Syrien hat der Libanon aufgenommen. Zum Vergleich: Sollte Deutschland einen für seine Bevölkerungsgröße gleichen Zustrom bewältigen, wären es 20 Millionen Menschen. Diese humanitäre Leistung, die das Nachbarland Jordanien auf einem ähnlichen Niveau erbringt, sind ein Anlass für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, von heute bis Mittwoch gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender beide Länder zu bereisen. Zugleich will der deutsche Präsident mit seinem Besuch betonen, dass Jordanien und Libanon in der Region "vergleichsweise erfolgreiche gesellschaftspolitische Modelle" hätten, wie es aus dem Präsidialamt hieß. Anders als im Iran und in Saudi-Arabien können sich Frauen im Libanon und in Jordanien auch unverschleiert durch das Land bewegen. Die Zivilgesellschaft hat deutlich mehr Spielraum als in anderen Ländern des Nahen Ostens. Im Libanon leben Christen, Schiiten und Sunniten miteinander. Der Ministerpräsident ist Christ, der Präsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit - undenkbar in vielen der Nachbarstaaten.

Es gibt einen weiteren guten Grund, Jordanien einen Besuch abzustatten. Gestattete das Königreich der Bundeswehr doch im vergangenen Sommer, Soldaten und Aufklärungs-Tornados für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat aus dem türkischen Incirlik nach Jordanien zu verlegen.

Als Außenminister war Steinmeier siebenmal in Jordanien und sechsmal im Libanon. Doch ein deutsches Staatsoberhaupt hat den Libanon seit mehr als 120 Jahren nicht besucht: Der Letzte, der offiziell dorthin reiste, war Wilhelm II.

Steinmeier erwartet bei seiner fünftägigen Reise in den Nahen Osten ein dichtes Programm: Kultur, Geschichte, Besuche bei Bundeswehrsoldaten und Treffen mit Flüchtlingen. Am Montag will er das jordanische Flüchtlingslager Al Azrak besuchen. Steinmeier wird auch mit Jordaniens König Abdullah II. zusammentreffen.

Überschattet wird die Reise des Bundespräsidenten von andauernden Auseinandersetzungen zwischen Saudi-Arabien und dem Jemen. Jordanien beteiligt sich als Mitglied einer von Saudi-Arabien angeführten Allianz an einer militärischen Intervention im Jemen - ebenso Ägypten, Bahrain, Kuwait, Marokko, Sudan, Senegal und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Bundesregierung stoppte vor einer Woche die Rüstungsexporte in diese Länder. Der Krieg im Jemen hat sich mittlerweile zum Stellvertreterkrieg zwischen Sunniten und Schiiten entwickelt.

(qua)
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