Schwerpunkt Nebenverdienste Steinbrücks Liste

Berlin · Der SPD-Kanzlerkandidat hat eine Liste über seine Vorträge, seine Auftraggeber und die Honorare erstellen lassen. Insgesamt erhielt Peer Steinbrück in den vergangenen drei Jahren 1,25 Millionen Euro für diese Nebentätigkeiten. Sein "Standardhonorar" lag bei 15 000 Euro.

Gut sortiert und angriffslustig zeigte sich SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, als er gestern offiziell die Liste mit seinen Nebentätigkeiten von 2009 bis heute der Öffentlichkeit präsentierte. In der SPD-Parteizentrale unter der riesigen Plastik von Willy Brandt ging Steinbrück in die Offensive. Seine Nebeneinkünfte seien nun "nach Euro und Cent einschließlich Nebenkosten" veröffentlicht, sagte Steinbrück. Er gehe damit "weit über die bisher geltenden Transparenzregeln hinaus".

Der frühere Finanzminister, der mit seinen begehrten Vorträgen in nur drei Jahren 1,25 Millionen Euro einnahm, wies jeden Verdacht, in Abhängigkeit zu seinen Auftraggebern zu stehen, als "dämlich" und "absurd" zurück. "Ich habe der Finanzindustrie die Leviten gelesen", betonte der 65-Jährige.

Auch detaillierte Nachfragen beantwortete er ungewohnt geduldig. Die Debatte um seine Honorare läuft, seitdem er am 28. September zum Kanzlerkandidaten der SPD ausgerufen wurde. Die gut dotierten Vorträge habe er zu einer Zeit angenommen, als "weder die SPD noch ich annehmen konnten, dass ich wieder in den politischen Ring steige", verteidigte sich Steinbrück.

So erteilte er am 4. Oktober der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsfirma Warth & Klein Grant Thornton den Auftrag, seine Vorträge zu überprüfen. Für den Check übergab Steinbrück Terminkalender, Steuerunterlagen und Verträge an die Düsseldorfer Firma. Die Fachleute listen insgesamt 89 Auftritte auf, die Steinbrück insgesamt mehr als eine Million Euro eingebracht haben. 74 Vorträge seien mit einem Standardhonorar von 15 000 Euro vergütet worden, was ihm netto je rund 7300 Euro eingetragen habe. Auch die einzelnen Nebenkosten für Anfahrt und Hotel hat Steinbrück nun veröffentlicht.

Gestern räumte er zudem ein, die Prüfung habe ergeben, dass er zwei Vorträge im Oktober 2011 aus Nachlässigkeit nicht beim Bundestagspräsidenten angezeigt hatte. Dies sei aber inzwischen erfolgt. Die Termine seien "unverdächtig", sagte er. Es handelt sich dabei um einen Auftritt im Auftrag der Kerkhoff Consulting GmbH in Meerbusch und einen Vortrag bei der Südwestbank AG in Stuttgart. Steinbrück betonte auch, eine Reihe von Honoraren an gemeinnützige Einrichtungen gespendet zu haben. Diese Spenden beliefen sich auf rund 60 000 Euro in den vergangenen drei Jahren.

Der SPD-Politiker musste allerdings zugeben, dass er für seine bezahlten Vorträge in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt sieben Sitzungstage des Parlaments mit namentlichen Abstimmungen schwänzte. Steinbrück bestreitet aber, sein Abgeordneten-Mandat für seine Vorträge vernachlässigt zu haben. "Die Abwesenheit sagt nichts über die politische Präsenz", sagte er. Er führte auch an, in den vergangenen Jahren 250 Termine in seinem Mettmanner Wahlkreis absolviert zu haben. 237 Vorträge habe er unentgeltlich gehalten.

Während der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident seine Vorträge nun haarklein auflistet, lehnt er es weiter ab, auch die Honorare für seine Bücher offenzulegen. Denn dies würde auch die Rechte von Co-Autoren berühren, betonte Steinbrück. "Es ist die Mission eines Politikers, sich zu erklären", sagte Steinbrück mit großem Nachdruck auf die Frage, warum er überhaupt so viele Vorträge gehalten habe. Er betonte auch, dass er in gesellschaftliche Kreise durchdringen wolle, die nicht naturgegeben SPD-Wähler seien.

Die Regierungsparteien, die Steinbrück in teils harschen Tönen zur Veröffentlichung seiner Honorare aufgefordert hatten, zeigten sich gestern zurückhaltend. Der Fraktionsgeschäftsführer der Union, Michael Grosse-Brömer (CDU), nannte Steinbrücks Vorgehen "gut und richtig". Die Liberalen äußerten sich nicht. Steinbrück, der nun vorgelegt hat, hofft wiederum, die Regierung unter Zugzwang zu setzen. "Diejenigen, die die Möglichkeit suchten, mir einen Stein gegen den Kopf zu werfen mit Blick auf eine mangelnde Transparenz, tragen jetzt dazu bei, dass aus diesem Stein ein Bumerang wird, der an den eigenen Kopf zurückfliegt." Zwar plant die Regierung eine Verschärfung der Veröffentlichungsregeln für Abgeordnete — eine so weitgehende Transparenz, wie Steinbrück sie nun auf Druck der Öffentlichkeit geliefert hat, ist dabei aber nicht vorgesehen.

(qua)
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