Kanzlerkandidat erntet Kopfschütteln Steinbrücks "Clown"-Äußerung schlägt international Wellen

Berlin · Im Ausland und in der eigenen Partei erntet Peer Steinbrück Kopfschütteln für seine Worte.

Wenn Peer Steinbrück auf seine umstrittenen Äußerungen der Vergangenheit angesprochen wird, dann zeigt er gerne mit dem Finger auf die Medien. Die Berichterstattung über ihn habe "psychologisierende Formen" angenommen, kritisierte er unlängst. Er wünsche sich, dass man sich wieder stärker mit seinen Inhalten und Positionen auseinandersetze.

Nur lässt Steinbrück den Beobachtern dazu gar keine Gelegenheit. So nutzte der SPD-Politiker eine Veranstaltung in Potsdam am vergangenen Dienstag nicht etwa, um in der Finanzpolitik oder der Sozialpolitik neue Akzente zu setzen, sondern bezeichnete die in demokratischer Weise frisch gewählten italienischen Spitzenpolitiker Silvio Berlusconi und Beppe Grillo als "Clowns". Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano, gerade auf mehrtägigem Besuch in Deutschland, sagte daraufhin ein Abendessen mit Steinbrück ab.

"Wenn man über gewisse Dinge spricht, die ein befreundetes Land und das Ergebnis von freien Wahlen betreffen, dann muss man wirklich sehr ausgewogen sein in der eigenen Wortwahl", sagte Napolitano nach einem Besuch bei Präsident Joachim Gauck. Selbst der deutsche Bundespräsident ließ seine Meinung zu dem SPD-Mann durchblicken: "Manches kommentiert sich von selbst." Grillo selbst sprach von einer "schwachköpfigen Behandlung" durch Steinbrück.

Nach der legendären Attacke des damaligen Finanzministers Steinbrück gegen die angeblich lasche Schweizer Steuerpolitik (siehe Info-Box) ist der SPD-Politiker erneut auf außenpolitischem Terrain ausgerutscht. Selbst die renommierte Zeitung "International Herald Tribune" und das Magazin "Economist" beschäftigten sich mit der umstrittenen Aussage.

Zwar gaben Spitzenpolitiker, auch aus der schwarz-gelben Koalition, dem SPD-Mann intern recht. Den korruptionsbehafteten Berlusconi nehmen in Deutschland nur wenige ernst. Doch kann sich ein potenzieller Bundeskanzler solche verbalen Ausfälle gegenüber einem EU-Partnerland nicht leisten.

Schwarz-Gelb nutzte die Steilvorlage des Merkel-Herausforderers daher auch für scharfe Attacken. "Peer Steinbrück mutiert zum deutschen Peerlusconi", witzelte FDP-Fraktionsvize Volker Wissing. Wie ein "preußischer Rittmeister" benehme sich Steinbrück, stichelte der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz. Der Vizefraktionschef der Union, Andreas Schockenhoff, forderte gar, Steinbrück müsse "sich in aller Öffentlichkeit für seine Entgleisung bei den Italienern entschuldigen".

In Steinbrücks Partei sind die Reaktionen differenziert. "Wir dürfen das Wahlergebnis in Italien nicht auf die leichte Schulter nehmen oder als Ausrutscher begreifen", mahnte Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich. "Da ist nichts Komisches dabei." Ulla Burchardt, Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe, plädierte dafür, sich ernsthaft mit Grillos Bewegung auseinanderzusetzen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel, der derzeit zu einem mehrtägigen Besuch in der Türkei weilt, habe die Äußerungen als ungeschickt kommentiert haben, ist in seiner Delegation zu hören. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, wegen seiner besonnenen Art so etwas wie der Chefdiplomat der SPD, wollte die Steinbrück-Worte gar nicht erst kommentieren. Es ist zu erwarten, dass der frühere Außenminister den Stil Steinbrücks nicht goutiert, selbst wenn er inhaltlich die Bedenken gegen Berlusconi teilt. Beide, Gabriel und Steinmeier, verzichteten jedenfalls auf einen verteidigenden Kommentar.

Dafür sprang die zweite Reihe der SPD für Steinbrück in die Bresche. Der stellvertretende Fraktionschef im Bundestag, Axel Schäfer, kritisierte gar Napolitano für dessen Absage. "Mit der Absage des Abendessens hat Napolitano aus meiner Sicht bedauerlich und unverständlich reagiert", sagte Schäfer unserer Zeitung. "Steinbrück hat mit dem, was er gesagt hat und wie er es gesagt hat, völlig recht. Jemand, der die politische Kultur in einem Land so verändert und teilweise ruiniert hat wie Berlusconi, den wird man kritisieren dürfen." Steinbrück habe seine "volle Unterstützung", betonte Schäfer. Die Aufregung sei "übertrieben", bemerkte auch der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich.

Peer Steinbrück will seine Aussagen nicht zurücknehmen: "Gesagt ist gesagt." Eine Entschuldigung ist nicht zu erwarten. Das würde auch nicht zu dem rauflustigen SPD-Kanzlerkandidaten passen.

(brö / qua)
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