Kritik an Steuerplänen des Franzosen Steinbrück rückt von Hollande ab

Berlin · Der SPD-Kanzlerkandidat kritisiert die Steuerpläne des Franzosen. Gemeinsame Wahlkampftermine sind noch offen.

Als "Freunde" seien sie gekommen, hieß es. Es herrsche "große Übereinstimmung" zwischen deutschen und französischen Sozialdemokraten. Das war im Juni 2012. Die SPD-Troika, bestehend aus Parteichef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und dem damals noch nicht nominierten Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, war auf Einladung des frisch gewählten französischen Präsidenten François Hollande in den Elysée-Palast nach Paris gekommen. Noch vor dem Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte der Sozialist die SPD-Spitze empfangen. Eine Geste der Freundschaft, die Gabriel, Steinbrück und Steinmeier nur zu gerne annahmen — zumal sie damit der CDU-Regierungschefin eins auswischen konnten. Hollande war damals umjubelter Sieger der Präsidentschaftswahlen.

Doch von Freude ist kurz vor dem Besuch Peer Steinbrücks heute in Paris wenig zu spüren. François Hollande ist nach nicht einmal einem Jahr im Amt im öffentlichen Ansehen auf einem Tiefpunkt angekommen. Nur noch 27 Prozent der Franzosen stimmen der Politik des Präsidenten zu. So rasant ist noch nie ein französischer Staatschef in der Gunst des Volkes abgestürzt. Hollandes Reformen haben die desaströse Wirtschaftslage des Landes nicht verbessern können, seine Steuerpläne stoßen in der Wirtschaft auf massive Kritik. Vom neuen "kranken Mann Europas" sprechen Ökonomen. Der jüngste Skandal um den zurückgetretenen Haushaltsminister Jérôme Cahuzac zieht die Imagewerte des Präsidenten zusätzlich herunter.

Nun beginnt auch in der SPD das Grübeln, ob der Franzose als Wahlkampfhilfe im Bundestagswahlkampf überhaupt taugt. Der ursprüngliche Plan, Hollande zu gemeinsamen Auftritten mit SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück nach Deutschland zu holen, ist offenbar vorerst auf Eis gelegt. Es gebe bislang keine Termine oder Verabredungen, erklärt ein Sprecher Steinbrücks. Angeblich hat sich der SPD-Kandidat in interner Runde mehrfach kritisch über Hollandes Wirtschaftspolitik geäußert. Damit geht Steinbrück auf Konfrontationskurs zum Parteichef: Sigmar Gabriel will angeblich an den Verabredungen festhalten. Man werde weiter auf den französischen Präsidenten setzen, heißt es im Willy-Brandt-Haus. Hollande sei bereits zum Festakt der SPD zum 150-jährigen Parteibestehen am 23. Mai in Leipzig eingeladen worden. Im Sommer solle es eine gemeinsame Wahlkampfveranstaltung geben.

Aber auch Wirtschaftspolitiker der SPD sollen Steinbrück intern vor einer zu großen Nähe zu Frankreichs Präsident gewarnt haben. Die Pläne Hollandes, für Vermögende eine 75-Prozent-Steuer einzuführen, würden selbst bei Umverteilungs-Befürwortern in Deutschland zu Kopfschütteln führen. Steinbrück ging gestern bereits auf Distanz zu der Finanzpolitik des Franzosen. Eine "prohibitive Steuer" würde er in Deutschland niemals einführen, sagte Steinbrück.

Hollande rollt dem deutschen Parteifreund dennoch den roten Teppich aus. Steinbrück trifft Hollande im Präsidentenpalast, anschließend soll es auch ein Gespräch mit Premier Jean-Marc Ayrault und dem Sozialisten-Chef Harlem Désir geben. Der große Bahnhof für Steinbrück wird in Paris auch als Spitze Hollandes gegen Merkel gewertet. Der Franzose hat nicht vergessen, wie sehr sich Merkel im französischen Präsidentschaftswahlkampf für den konservativen Nicolas Sarkozy einsetzte.

Doch die Unterstützung Hollandes für Steinbrück dürfte Merkel gelassen sehen. Ob der französische Sozialist eine Hilfe für den deutschen Sozialdemokraten sein kann oder nicht doch eher eine Bürde ist, bleibt eine offene Frage.

(brö)
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