Arbeitslosengeld- und -hilfe stark kürzen Steht eine Arbeitsmarktreform an?

Berlin (rpo). Steht eine Arbeitsmarktreform an? Die Bundesregierung hat offenbar Planspiele für eine umfassende Reform. Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und -hilfe solle stark gekürzt werden.

Das meldete die "Berliner Zeitung" am Samstag. Zudem werde darüber nachgedacht, die Sozialhilfe deutlich zu senken. Dies könnte dazu beitragen, die "Motivation zur Arbeitsaufnahme zu erhöhen". Das Konzept befinde sich noch im Frühstadium. Einschnitte ins Sozialsystem kämen erst nach der Bundestagswahl am 22. September.

Nach "Spiegel"-Informationen plädiert die Regierung in ihrem neuen Jahreswirtschaftsbericht für eine Arbeitsmarktreform, um "noch bestehende Hemmnisse für eine höhere Beschäftigungsdynamik" zu beseitigen. Vor allem bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe müsse geprüft werden, wie Arbeitsanreize geschaffen werden könnten.

In ähnliche Richtung ziele der Vorschlag, bei der Arbeitsvermittlung die Beweislast umzukehren, schrieb die "Berliner Zeitung". Künftig müssten die Bewerber erklären, warum sie für eine Stelle ungeeignet seien. Bisher müssen dies die Arbeitsämter begründen. Hintergrund des Plans sei die Sorge der Regierung, dass der erwartete Konjunkturaufschwung nicht rechtzeitig genug vor der Bundestagswahl einsetzen könnte.

Rot-Grün sei sich offenbar im Klaren, dass Reformen für eine spürbare Belebung des Arbeitsmarktes nicht mehr in dieser Wahlperiode durch den Bundestag gebracht werden könnten. Die Erwartung sei, dass allein die verbindliche Ankündigung der Maßnahmen die Unternehmen zur Schaffung von Jobs bewegten.

Offen unterstützt werden die Regierungsplanspiele jedoch vom Wirtschaftsweisen Bert Rürup. Er schlug in der "Berliner Zeitung" vor, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen. Zielsetzung müsse sein, die Höchstbezugsdauer von Arbeitslosengeld auf zwölf Monate zu verkürzen. "Wer nach zwölf Monaten keine neue Stelle gefunden hat, sollte auf die Sozialhilfe verwiesen werden." Auf diese Weise würden bessere Anreize für Beschäftigungslose gesetzt.

"Ich bin nicht für eine Kürzung des Niveaus des Arbeitslosengeldes, aber dafür, es nicht mehr so lange zu gewähren", sagte Rürup. Untersuchungen zeigten, "dass über 50 Prozent aller Arbeitslosen von ihrem neuen Job im Durchschnitt einen um 20 Prozent höheren Lohn" erwarteten. Er werte dies als Indiz dafür, dass insbesondere auf Grund der Länge des Anspruchs die Suchintensität nicht genug ausgeprägt und die Erwartungshaltung zu hoch sei. Für ältere Arbeitslose könne es aber auch künftig eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld geben.

(RPO Archiv)
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