Berlin Stasi bespitzelte Neonazis im Westen stärker als vermutet

Berlin · 41 "inoffizielle Mitarbeiter" der DDR-Staatssicherheit sollen in den 80er Jahren in rechte Organisationen eingeschleust worden sein.

Das Oktoberfest-Attentat am 26. September 1980 in München gilt als einer der schwersten Terrorakte der deutschen Nachkriegsgeschichte. Durch eine selbstgebaute Rohrbombe hatte der Rechtsextremist Gundolf Köhler damals sich selbst und zwölf weitere Menschen in den Tod gerissen. Lange Zeit galt Köhler, der der neonazistischen "Wehrsportgruppe Hoffmann" angehörte, als Einzeltäter. Neue Aktenfunde und Zeugenaussagen führten 2014 dazu, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen wiederaufnahm. Auch Unterlagen aus dem Stasi-Archiv könnten dazu beitragen. Denn die DDR-Staatssicherheit hat die rechte Szene in Westdeutschland umfangreicher bespitzelt als bislang bekannt.

Nach Recherchen der "Berliner Zeitung" sollen mindestens 41 "inoffizielle Mitarbeiter" (IM) Informationen aus der rechtsextremen Szene in Westdeutschland in den Osten getragen haben. Ob die noch vorhandenen Akten über die Spitzel auch für die aktuellen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu möglichen Hinterleuten und Mittätern des Oktoberfest-Attentates von Belang sind, ist nicht klar: "Niemand kann zuverlässig sagen, was sich in den Akten noch alles finden lässt", sagt Tobias Wunschik, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin. Allerdings seien gerade in der für die Terrorabwehr zuständigen Abteilung 22 besonders viele Akten vernichtet worden.

Dass die Stasi mit Neonazis kollaborierte, ist hingegen nichts Neues. Schon seit den 50er Jahren hätten IM die Neonazi-Szene infiltriert, um etwa den Eintritt der Bundesrepublik in die Nato zu verhindern, sagt Hubertus Knabe, Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen in Berlin. "Was der DDR nutzte, unterstützte sie - ohne auf ideologische Unterschiede zu achten." Dabei spielte sie ein doppeltes Spiel: Was sie offiziell als "Terrorabwehr" bezeichnete, sei in Wahrheit oftmals eine Unterstützung terroristischer Vereinigungen gewesen.

(RP)
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