Berlin Staatsfonds sollen Europa retten

Berlin · Die EU will ausländischen Staatsfonds die Möglichkeit geben, sich über eine Zweckgesellschaft bevorzugt mit europäischen Staatspapieren auszustatten. Das Risiko liegt größtenteils beim europäischen Steuerzahler. Das große Geld der Schwellenländer ist verlockend.

Nun sollen die Chinesen Europa retten. Und die Russen. Und die Öl-Scheichs aus dem Orient. In den Bestimmungen für die Erweiterung des europäischen Rettungsschirms EFSF, denen der Bundestag heute zustimmen will, ist von der Errichtung einer Zweckgesellschaft beim EFSF die Rede, die Gelder "internationaler öffentlicher und privater Investoren" anziehen soll. Ausländische Staatsfonds sollen, abgesichert durch die Bonität des Rettungsfonds (sprich: die Haftung des europäischen Steuerzahlers), Schuldtitel pleitebedrohter Euro-Staaten kaufen.

Die Staatsfonds sind in den vergangenen Jahren zu einem mächtigen Spieler auf den internationalen Finanzmärkten geworden. Nach Berechnungen der DZ-Bank verfügen die weltweiten Anleger über ein Vermögen von umgerechnet knapp 3000 Milliarden Euro.

Rund 50 Staatsfonds gibt es; sie speisen sich einerseits aus den Gewinnen der Rohstoffexporte, etwa in Norwegen, Abu Dhabi, Kuwait oder Russland. Norwegen könnte Interesse an einer Stabilisierung der Euroländer haben, weil es viel Öl und Gas in die Eurozone, vor allem nach Deutschland, exportiert. Andere Fonds wurden angelegt, um Währungsreserven zu bilden, etwa in China und Singapur. Chinas Reserven sind unter anderem Ergebnis einer künstlichen Unterbewertung der eigenen Währung gegenüber dem Dollar. Die entstehenden Überschüsse in der Leistungsbilanz mehren die Dollarbestände.

Die Staatsfonds sind seit Jahren auf dem Vormarsch; ihre Anlagen wachsen jährlich um durchschnittlich acht bis neun Prozent – etwa doppelt so schnell wie Anlagen anderer institutioneller Investoren. Vor allem China hat das Geld, das die Europäer so dringend brauchen. Das Reich der Mitte verfügt über Währungsreserven im Wert von 3,2 Billionen Dollar, angelegt bisher großenteils bei den Amerikanern. Schon heute halten chinesische Staatsfonds europäische Schuldtitel im Wert von umgerechnet 650 Milliarden Euro. Das soll nach dem Wunsch einiger EU-Politiker nun deutlich mehr werden.

Dafür wird den finanzgewaltigen Rettern aus den nicht immer demokratischen Ländern der rote Teppich ausgerollt. Der Textentwurf zur Erweiterung des EFSF sieht vor, dass bei einem Kreditausfall eines Euro-Schuldenstaates die Einlagen der ausländischen Staatsfonds vor denen des Rettungsfonds selbst bedient werden müssen. Die Fonds werden so zum Gläubiger erster Klasse. "Dies könnte langfristig orientierte institutionelle Anleger anziehen", heißt es in dem Eckpunktepapier. Im Klartext: Das Risiko des chinesischen Investments übernimmt der europäische, mehrheitlich der deutsche Steuerzahler.

In deutschen Regierungskreisen wird daher der Einbezug der Staatsfonds nur vorsichtig vorangetrieben. "Es ist noch nicht klar, ob das heute Abend auf dem EU-Gipfel überhaupt so beschlossen wird", sagt ein mit den Verhandlungen vertrautes Regierungsmitglied.

Und: Die Investoren wollen nicht nur geben, sondern auch Einfluss nehmen. Vorige Woche berichtete die parteinahe chinesische Zeitung "Global Times", dass China der EU ein Angebot gemacht habe. Peking sei bereit, in die Infrastruktur krisengeschüttelter Euro-Länder zu investieren. Auch stünden chinesische Banken bereit, mehr europäische Staatsschulden zu kaufen. Zuvor wolle man aber weitere Etat-Kürzungen und Strukturreformen sehen. Jin Liqun, Aufsichtsratschef der China Investment Corporation, eines der größten Staatsfonds mit einem Volumen von umgerechnet fast 300 Milliarden Euro, kritisierte das europäische Sozialstaatsmodell: "Die Wurzel des ganzen Ärgers sind der überbordende Sozialstaat und die faul und träge machenden Arbeitsgesetze." Die Menschen müssten härter und länger arbeiten, sagte Jin nach Angaben der australischen Website news.com.

Dass die Chinesen als Retter infrage kommen, haben sie indes schon bewiesen. So hat der Fonds GIC aus Singapur die in der Finanzkrise stark beschädigte Schweizer Bank UBS mit 13 Milliarden Euro gestützt. Staatsfonds aus Singapur und Kuwait halten bis heute große Aktienpakete an der US-Citigroup.

Internet Die Instrumente zur Euro-Rettung unter www.rp-online.de/wirtschaft

(RP)
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