CDU-Geschäftsstelle in Mainz durchsucht Staatsanwaltschaft sucht Kohl-Akten

Mainz (dpa). Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Alt- Bundeskanzler Helmut Kohl hat die Bonner Staatsanwaltschaft am Dienstag die Büros des rheinland-pfälzischen CDU-Landesverbands in Mainz durchsucht. Gegen Kohl wird in der CDU-Finanzaffäre seit Anfang Januar wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.

Die Durchsuchung in Mainz sei auch eine Folge des Ermittlungsverfahrens gegen den früheren Abteilungsleiter der Bonner CDU-Zentrale und Kohl-Vertrauten Hans Terlinden sowie den langjährigen CDU-Finanzberater Horst Weyrauch, bestätigte der Bonner Oberstaatsanwalt Bernd König. Der Durchsuchungsbeschluss sei am vergangenen Freitag erwirkt worden.

Die Anwälte des früheren CDU-Ehrenvorsitzenden Kohl dringen gegenüber der Bonner Staatsanwaltschaft auf Akteneinsicht. Bevor diese Akteneinsicht nicht gewährt sei, werde sich Kohl auch nicht äußern, sagte Kohls Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner am Dienstag der dpa in Bonn. Die Staatsanwaltschaft ermittle inzwischen bereits seit sieben Wochen gegen Kohl wegen des Verdachts der Untreue. Bisher sei aber immer noch unklar, woran dieser Verdacht festgemacht werde. Auch der Sinn der Durchsuchungen sei zweifelhaft. Falls dieser Zustand andauere, müssten die Ermittlungen wieder eingestellt werden.

Auf eine ursprünglich geplante Hausdurchsuchung bei Kohl sowie seiner langjährigen Büroleiterin Juliane Weber und seinem Fahrer Eckhard Seeber hatte die Staatsanwaltschaft nach einer Bekanntgabe der Absicht im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" verzichtet. Die geplante Durchsuchung in Mainz war nicht bekannt geworden.

Der rheinland-pfälzische CDU-Generalsekretär Claudius Schlumberger sagte, seine Partei habe nichts zu verbergen. Jede Akte könne gesichtet werden. Er sprach von einem anonymen Hinweis auf einen Aktentransfer, der die Durchsuchung ausgelöst habe. Der anonyme Informant habe nicht wissen können, dass es sich bei dem angezeigten "Aktentransfer" nach Auskunft des damals amtierenden Generalsekretärs Jürgen Hartmann um mehrere Kisten alter Rheinland-Pfalz-Bücher handelte, die Ende 1998 dem Landesverband vom Büro Kohl übergeben worden seien.

Der künftige Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, hat sich dagegen ausgesprochen, Kohl zur Aufgabe seines CDU-Mandates zu bewegen. "Ich habe Kohl noch nie nahe gelegt, sein Abgeordnetenmandat niederzulegen und werde das auch nicht tun", sagte Merz am Dienstag vor Journalisten in Berlin. Niemand habe das Recht, einen Mandatsträger zum Amtsverzicht zu drängen. "Das ist eine Frage, die Kohl ausschließlich mit sich selbst und seinen Wählern ausmachen muss", betonte Merz.

„Spiegel“ räumt fehlende Absprache bei Kohl-Durchsuchung einDer „Spiegel“-Verlag hat im Zusammenhang mit den zunächst geplanten Hausdurchungen bei Ex-Kanzler Kohl im Zuge der CDU-Finanzaffäre Versäumnisse eingeräumt. „Eine Absprache mit den Ermittlern vor der Veröffentlichung wäre wohl für die Aufklärung besser gewesen“, sagte ein Sprecher des Verlages der dpa in Hamburg. Die Absicht der Staatsanwaltschaft, Büro- und Wohnräume Kohls zu durchsuchen, war am Wochenende durch eine Veröffentlichung des „Spiegel“ bekannt geworden.

(RPO Archiv)
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