Berlin Staaten wollen Seuchen schneller bekämpfen

Berlin · Im Kampf gegen Ebola hat die Weltgemeinschaft eine schlechte Vorstellung gegeben. Das soll nicht noch einmal passieren.

In Organismen mit wenig Abwehrkraft haben es Viren besonders leicht, sich auszubreiten. Das gilt für den menschlichen Körper wie auch für staatliche Gesundheitssysteme. Das tödliche Ebola-Virus traf 2014 vor allem die armen westafrikanischen Länder Liberia, Guinea und Sierra Leone - es warf diese Länder in ihrer Entwicklung noch einmal zurück.

Damit ein solcher Ausbruch die Welt nicht mehr unvorbereitet trifft, darüber beraten seit gestern die Gesundheitsminister der G 20-Staaten in Berlin. "Es geht darum, dass grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren wie Ebola schneller erkannt und bekämpft werden können", sagte Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe (CDU) unserer Redaktion. Beim Gipfel der Industrie- und Schwellenländer im Juli in Hamburg soll die Sicherung der globalen Gesundheit ein Schwerpunkt sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel stärkte den Gesundheitsministern zu Beginn des Treffens den Rücken: "Besonders aggressive Erreger können eine globale Bedrohung auch der Wirtschaftskreisläufe darstellen. Ich finde, dieses Thema hat in einer vernetzten Welt einen Platz in der Agenda der G 20 verdient."

Der Ebola-Ausbruch vor gut drei Jahren war für die Weltgesundheitsorganisation WHO ebenso eine böse Überraschung wie für die deutsche Bundesregierung, die nur langsam Hilfe in Gang setzen konnte. Zwar hatte sich die Bundesregierung Anfang 2014 zu mehr Verantwortung in der Welt bekannt. Dabei richtete sich der Blick aber vor allem auf diplomatische und militärische Herausforderungen. Dass der Ausbruch nicht noch mehr als 11.000 Menschleben forderte, war dem beherzten und selbstlosen Eingreifen der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" zu verdanken. In Schutzanzügen, die an Raumfahrer-Monturen erinnerten, behandelten die Mediziner die dem Tod geweihten Patienten. Im Herbst berief die Bundesregierung Walter Linder, damals Botschafter in Venezuela und früherer Sprecher von Außenminister Joschka Fischer, zum Ebola-Beauftragten. Die Deutschen hinkten der Ereignislage aber hinterher.

Das soll nicht noch einmal passieren - zumal das gefährliche Virus vereinzelt auch in die Industriestaaten eingeschleppt wurde und damit auch die Nordhalbkugel bedrohte. So machte Gröhe den Kampf gegen weltweite Seuchen zu seinem Thema. "Ebola war ein Wendepunkt hin zu einer Stärkung des weltweiten Gesundheitsschutzes", sagte Gröhe im Vorfeld des Gesundheitsminister-Treffens.

Die WHO, die während des Ebola-Ausbruchs keine rühmliche Rolle spielte, hat inzwischen auch reagiert. Mit internationaler Hilfe wurde ein Krisenfonds für solche Ausbrüche eingerichtet. Über den Fonds kann sofort Geld für medizinische Nothilfe bereitgestellt werden. Deutschland ist mit 13 Millionen Euro der größte Beitragszahler.

Nach dem Wunsch der deutschen Regierung sollen beim G 20-Gipfel auch die Zahlungen an die WHO erhöht werden. Für Deutschland kündigte der Gesundheitsminister bereits eine zusätzliche Finanzspritze von 35 Millionen Euro noch in diesem Jahr an.

"Die Welt ist noch nicht ausreichend auf den Ausbruch von Pandemien vorbereitet", sagte Gröhe. Er mahnte auch, es sei zwar ungewiss, wann die nächste weltweite Gesundheitskrise auftrete und welche Ausmaße sie haben werde, doch "die nächste Gesundheitskrise mit globalen Auswirkungen wird kommen", so Gröhe. Daher gab es neben dem Treffen der Gesundheitsminister ein Planspiel. Das Übungsszenario: In "Anycountry" ("Irgendein-Land"), ein Land mit niedrigen Einkommen der Bürger und schwachem Gesundheitssystem verursacht ein bis dahin nicht bekanntes Virus schwere Atemwegserkrankungen. Das Virus greift rasch auf Nachbarländer über. Eine weltweite Gesundheitskrise droht. In einem abgetrennten Raum im Kongress- und Tagungszentrum nahe dem Brandenburger Tor schufen sich die Gesundheitsminister und die Vertreter der internationalen Organisationen für diese Übung ein eigenes Lagezentrum.

(qua)
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