Auch DGB kündigt Gegenwehr an SPD: Widerstand gegen Schröder

Berlin (rpo). Kaum hat Gerhard Schröder sein Reformkonzept verkündet, formiert sich Widerstand: Der linke SPD-Flügel und die Gewerkschaften trotzen den Reformplänen.

Ihre Kritik richtete sich am Samstag insbesondere gegen die von Schröder geplanten Einschnitte ins soziale Netz und Änderungen im Arbeitsrecht. "Wir sehen uns nicht gebunden, alles zu akzeptieren", sagte die Wortführerin der SPD-Linken, Andrea Nahles. Die Regierung habe sich "zu sehr dem neoliberalen Trommelfeuer unterworfen".

Ungeachtet des Gegenwindes drückt Schröder aufs Tempo. Bereits am kommenden Montag will er seine Vorschläge dem SPD-Präsidium zur Abstimmung vorlegen. Ein Regierungssprecher bestätigte der "Bild"-Zeitung, der Kanzler werde in der Kabinettssitzung am Montag den betroffenen Ministern Arbeitsaufträge zur Umsetzung der Strukturreformen vorlegen.

"Die soziale Balance ist in der Rede nicht gewahrt worden"

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Michael Müller, der zum linken Parteiflügel gehört, sagte im Deutschlandradio, entscheidend sei, das Gesamtkonzept zu entwickeln, statt bestimmte Punkte einzeln zu diskutieren. Nahles forderte Nachbesserungen. "Die soziale Balance ist in der Rede nicht gewahrt worden", kritisierte die Vorsitzende des Forums Demokratische Linke 21. Statt sozial Schwache zu belasten, sollten Unternehmen, Selbstständige, Beamte und Spitzenverdiener stärker zur Kasse gebeten werde, um die Sozialsysteme zu entlasten.

Nach Worten von Nahles wird die SPD-Fraktion im parlamentarischen Verfahren eigene Akzente setzen, auch wenn es "hohen Druck geben wird in der Partei, sich hinter die Rede des Kanzlers zu stellen". Schröders Vorschlag etwa zur Ansenkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau widerspreche einem SPD-Parteitagsbeschluss.

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sieht dagegen die Positionen der Parteilinken gut vertreten. "Ich bin ziemlich sicher, dass das, was wir jetzt vorgelegt haben, ganz breit in der Partei getragen wird", sagte er dem Sender "Phoenix".

DGB-Chef wirft Kanzler "glatten Bruch von Wahlversprechen" vor

DGB-Chef Michael Sommer warf dem Kanzler einen "glatten Bruch von Wahlversprechen" vor. Er sagte in der "Berliner Zeitung" zu Schröders Kürzungsplänen: "Dagegen werden wir uns wehren." Das Vorhaben, das Krankengeld aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen, sei "unmoralisch".

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte Schröders Rede halbherzig und diffus. "Das ist leider nicht der Befreiungsschlag am Arbeitsmarkt, den wir brauchen", sagte er "Welt am Sonntag".

Vorstandsvorsitzende deutscher Konzerne lobten Ansätze in Schröders Rede

Vorstandsvorsitzende großer deutscher Konzerne lobten Ansätze in Schröders Rede, zeigten sich aber insgesamt enttäuscht. "Die Regierungserklärung war eine Chance zum Aufbruch. Diese ist nicht entschlossen genug genutzt worden", sagte Metro-Chef Hans-Joachim Körber der "Welt am Sonntag". Bayer-Chef Werner Wenning sprach von einem ermutigenden Signal. Doch müssten wesentlich weit reichendere Reformen angepackt werden.

TUI-Vorstandsvorsitzender Michael Frenzel nannte Schröders Ausführungen eine "sehr mutige Rede". Allerdings könnten die angekündigten Maßnahmen nur ein erster Schritt sein, dem weitere folgen müssten. Nach Auffassung von Siemens-Chef Heinrich von Pierer stimmt die Richtung des Konzepts. Nun dürfe das Programm aber nicht zerredet werden. "Ab heute darf es nur noch um die Umsetzung gehen."

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