Berlin SPD verlässt die Piraten-Front

Berlin · Die Bundeswehr kann zwar weiterhin Piraten am Horn von Afrika bekämpfen und nun auch deren Infrastruktur an Land zerstören, doch der parlamentarische Rückhalt ist bei der Verlängerung des Mandates gestern im Bundestag geschrumpft. Union und FDP hatten mit 222 und 83 Ja-Stimmen die Mehrheit, SPD und Linke stimmten mit 131 und 65 Stimmen dagegen, die Grünen votierten mehrheitlich mit Enthaltung (54) und teils dagegen (8). Auch bei der SPD gab es vier Enthaltungen, darunter die von Michael Groschek. dem Generalsekretär der NRW-SPD. Insgesamt endete die Abstimmung mit 305 gegen 206 Stimmen bei 59 Enthaltungen.

Die SPD misstraut den Zusicherungen der Bundesregierung, wonach in einem Zwei-Kilometer-Strandstreifen entlang der Küste Somalias Angriffe nur aus der Luft und ohne Gefährdung von Menschenleben gestartet werden dürfen. Nach SPD-Angaben soll das Verteidigungsministerium selbst eingeräumt haben, dass nun auch der Einsatz von Bodentruppen möglich sei. Im Mandat heißt es dazu, dass Anlandungen nur zur Rettung von Kameraden gestattet sind und nicht zur Zerstörung von Piraten-Infrastruktur. SPD-Außenexperte Gernot Erler warf der Regierung vor, das Interesse an einem Konsens verloren zu haben.

Grünen-Außenexpertin Kerstin Müller sprach von einer "verlogenen Argumentation" der Regierung, die insgeheim weiter skeptisch den Attacken gegen Anlagen der Piraten gegenüberstehe und sich nur dem Druck der Verbündeten gebeugt habe. "So wird aus einer vernünftigen eine abenteuerliche Mission", warnte Müller. Grünen-Fraktionsvize Christian Ströbele nannte das "verhängnisvoll und nicht zu verantworten".

Bei der SPD hatten sowohl Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als auch Parteichef Sigmar Gabriel den Genossen eine Zustimmung empfohlen, doch eine knappe Mehrheit der Abgeordneten hatte sich bei wahlkampfbedingter Abwesenheit Dutzender von Kollegen in der Fraktionssitzung dagegen entschieden. Dem beugten sich gestern auch Steinmeier und Gabriel, die beide mit Nein votierten.

Außenminister Guido Westerwelle wertete das als "völlige Verkennung der riesigen organisierten Kriminalität". Die "Romantisierung von Piraterie" sei naiv. Westerwelle rief der Opposition zu: "Schade, dass Sie sich gegen unsere Landesinteressen und für Ihre Parteiinteressen entschieden haben."

Unions-Außenexperte Philipp Mißfelder nannte es "unverantwortlich, dass die SPD sich aus dem Mandat verabschiedet". Das sei "Wahlkampf pur".

(RP)
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