Künftige Parteispitze SPD will Führung klären - Klingbeil, Schwesig und Esken im Gespräch

Berlin · Parallel zur Regierungsbildung muss die SPD Führungsfrage klären. Ein möglicher Bewerber hat sich bereits erklärt - zumindest ein bisschen.

 Das Logo der SPD ist in der SPD-Parteizentrale zu sehen. Nach der Rückzugsankündigung von SPD-Chef Walter-Borjans will die SPD an diesem Montag Klarheit über die künftige Führung schaffen.

Das Logo der SPD ist in der SPD-Parteizentrale zu sehen. Nach der Rückzugsankündigung von SPD-Chef Walter-Borjans will die SPD an diesem Montag Klarheit über die künftige Führung schaffen.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Kurz vor Beginn der entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen will die SPD am Montag Klarheit über ihre künftige Parteispitze schaffen. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans, der am Freitag seinen Rückzug angekündigt hatte, und die Co-Vorsitzende Saskia Esken wollen dafür einen Vorschlag zum weiteren Prozedere vorlegen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Parteikreisen in Berlin erfuhr. Zudem wolle Esken bis dahin entscheiden, ob sie erneut antritt. Erwartet wird in der Partei, dass dann gegebenenfalls auch weitere Bewerberinnen oder Bewerber ihren Hut in den Ring werfen.

Generalsekretär Lars Klingbeil zeigte sich offen dafür, SPD-Chef zu werden, ohne eine Bewerbung konkret anzukündigen. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig gilt als mögliche Anwärterin. Nicht ausgeschlossen ist, dass sich auch Bewerberinnen oder Bewerber melden, die nicht bereits bisher gehandelt werden.

Klingbeil sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch), es ehre ihn sehr, dass sein Name für die Aufgabe des SPD-Vorsitzenden genannt werde. „Der Vorsitz ist ein sehr wichtiges, traditionsträchtiges und reizvolles Amt, in dem man viel bewegen kann“, sagte Klingbeil auf die Frage, ob es für ihn attraktiver wäre, Parteichef zu werden oder ein Ministeramt zu übernehmen. Auch in den Führungsgremien der SPD hatte sich Klingbeil dem Vernehmen am Dienstagabend ähnlich geäußert.

Klingbeil erhielt öffentliche Unterstützung von SPD-Vizechefin Serpil Midyatli. „Lars Klingbeil hat den Bundestagswahlkampf als Generalsekretär richtig gerockt“, sagte sie der „Welt“ (Donnerstag). Klingbeil habe eine „Super-Kampagne“ hingelegt und wäre „sicherlich ein guter Vorsitzender“.

In den SPD-Gremien hatte auch das Vorsitzendenduo den weiteren Fahrplan für den Wochenbeginn angekündigt. Erwartet wird, dass ihr Verfahrensvorschlag beinhaltet, ob es weiter eine Doppelspitze geben solle. Möglich wäre zudem, die neue Parteispitze wie bei Esken und Walter-Borjans vor zwei Jahren wieder per Mitgliederentscheid zu bestimmen. Das gilt in der Partei allerdings als unwahrscheinlich. Stattdessen wird die Vorsitzendenwahl auf dem Parteitag vom 10. bis 12. Dezember erwartet.

Walter-Borjans hatte am Vortag erneut dafür plädiert, dass die SPD-Vorsitzenden auch künftig keine Ministerämter wahrnehmen. Offen ist laut Walter-Borjans noch, ob Esken an der SPD-Spitze bleibt. Sie gilt auch als Anwärterin für ein Ministeramt.

Walter-Borjans hatte versichert: „Wir werden die Nachfolge unaufgeregt und in enger Abstimmung miteinander klären, so wie wir auch zwei Jahre lang miteinander gearbeitet haben.“ Ein Vorschlag solle schnell unterbreitet werden. Dies wurde in der Partei als Signal verstanden, dass die offene Führungsfrage die Regierungsbildung nicht stören soll.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Funke Mediengruppe (Mittwoch) sehen die Bürgerinnen und Bürger Klingbeil bei der Neubesetzung der SPD-Spitze vorne. Auf die entsprechende Frage votierten 18 Prozent für Klingbeil. An zweiter Stelle wurde mit 14 Prozent Schwesig genannt. Unter den SPD-Anhängern votierten 27 Prozent für Klingbeil und 23 Prozent für Schwesig. In der SPD gilt es als ausgemacht, dass Schwesig auch dann Ministerpräsidentin bleiben würde, wenn sie die Aufgabe an der SPD-Spitze übernehmen würde. Arbeitsteilung in einer Doppelspitze wäre dabei hilfreich, hieß es.

Zwei Tage nach der erwarteten Vorentscheidung der Führungsfrage bei der SPD soll die aktuelle Phase der Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP enden. Bis Mittwoch sollen die für die Details in den einzelnen Politikbereichen eingesetzten 22 Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse niedergelegt haben. Ab Donnerstag wollen dann die Parteiführungen der drei möglichen Ampelpartner mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz in der Hauptverhandlungsgruppe bis Ende des Monats einen Koalitionsvertrag ausarbeiten.

Erwartet wird, dass es noch intensive Verhandlungen werden, weil in den AGs nicht alle Konflikte gelöst und nicht alle Finanzierungsfragen beantwortet werden können. Am 4. Dezember will die SPD auf einem Zweieinhalb-Stunden-Parteitag über den bis dahin geplanten Koalitionsvertrag entscheiden.

Nach einem Bericht von „Zeit Online“ sind führende Vertretern der Jusos, der Grünen- und der DGB-Jugend unzufrieden mit den bisherigen Beschlüsse der Ampel-Parteien. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die drei Nachwuchsorganisationen laut dem Bericht etwa eine Ausbildungsplatzgarantie, ein Ende der sachgrundlosen Befristungen bei Neueinstellungen und deutlich höheres Bürgergeld, das Hartz IV ersetzen soll.

(jh/dpa)
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