SPD-Fraktionsklausur SPD macht Weg für längeren Bundeswehreinsatz gegen IS frei

Berlin · Bei ihrer Fraktionsklausur beraten die Genossen an diesem Freitag auch über eine Pflegereform. Die Gewinne privater Heime sollen begrenzt werden.

 Rolf Mützenich, kommissarischer Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, am Donnerstag zum Auftakt der Klausur.

Rolf Mützenich, kommissarischer Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, am Donnerstag zum Auftakt der Klausur.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Wochenlang sperrte die SPD-Fraktion sich gegen eine Verlängerung des Anti-IS-Einsatzes der in Jordanien stationierten Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr. Jetzt zeigte sich der kommissarische Fraktionschef Rolf Mützenich offen, übte jedoch scharfe Kritik am Verteidigungsministerium. Die politische Position, dass der Einsatz beendet werden soll, will Mützenich nicht aufgegeben haben.

Innerhalb der verbleibenden Wochen bis zum Auslaufen des derzeitiges Mandats am 31. Oktober sei ein vollständiger Abzug der Aufklärungsjets und der Infrastruktur nicht mehr zu schaffen, sagte Mützenich am Rande einer Fraktionsklausur am Donnerstag in Berlin. Der früheren Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warf er vor, es sei ihr Versäumnis, dass sie den Abzug mit Partnern nicht ausreichend abgesprochen habe. Ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) habe zugesagt, „dass sie in relativ überschaubarer Zeit mit den Partnern eine Lösung finden wird“.

In Jordanien sind vier Tornado-Jets für Aufklärungsflüge über Syrien und Irak im Kampf gegen die Extremistenmiliz IS stationiert. Das Mandat umfasst auch ein Tankflugzeug sowie die Ausbildung von Sicherheitskräften durch Bundeswehrsoldaten im Irak. Mützenich hatte bisher eine Verlängerung des Mandats abgelehnt mit Verweis darauf, dass Deutschland ein Jahr im Voraus angekündigt habe, dass die Soldaten und Flugzeuge am 31. Oktober abgezogen würden. Dem Vernehmen nach befragten mehrere Abgeordnete Mützenich dazu. Er will sich Ende September zur Wahl für den Fraktionsvorsitz aufstellen.

Bei der Klausur, die an diesem Freitag fortgesetzt wird, soll außerdem ein Positionspapier beschlossen werden, wonach die Gewinne privater Pflegeheime begrenzt werden sollen. Spekulative Gewinne zugunsten anonymer Anleger oder Investoren ließen sich nicht mit der Würde der Pflege und einem solidarisch finanzierten Versicherungssystem vereinbaren, heißt es in dem sechsseitigen Papier.

Wegen der Niedrigzinsen seien Pflegeheime als Immobilien gefragte Investitionsobjekte. Heimbetreiber griffen auf das Kapital von Investoren zurück, weil sich die öffentliche Hand aus der Pflegeheimförderung weitgehend zurückgezogen habe. Wenn die Länder dort wieder stärker einstiegen, könnten sie auch steuern, wo neue Heime entstehen sollten und in welcher Trägerschaft. Dafür will die SPD-Fraktion laut Papier das Pflege-Sozialgesetzbuch ändern, das einen Vorrang für gemeinnützige und private Träger vor öffentlichen Trägern, also Ländern und Kommunen, vorschreibt.

Ferner sprachen die Abgeordneten über den Klimaschutz. Fraktionsvize Matthias Miersch machte deutlich, dass die SPD einen nationalen Emissionshandel ablehne. Diesen halte man für den falschen Ansatz, sagte Miersch. Er plädierte für ein „wirkungsvolles Gesamtkonzept“. Einzelne dürften nicht überfordert werden oder ganze Gruppen und Regionen auf der Strecke bleiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll sich Meldungen zufolge für einen verstärkten Handel mit Emissionszertifikaten statt einer CO2-Steuer ausgesprochen haben.

Unterdessen gibt es Unruhe in der Fraktion, weil der rheinland-pfälzische Abgeordnete Marcus Held trotz laufender staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen seine Arbeit im Parlament wieder aufnehmen will. Held werden Untreue, Betrug, Bestechung und Bestechlichkeit vorgeworfen. Held soll unter anderem in illegale Grundstücksgeschäfte im rheinhessischen Oppenheim verstrickt gewesen sein, wo er Bürgermeister war. Inmitten der Ermittlungen hatte Held sich im Januar 2018 krankschreiben lassen, legte sämtliche Ämter nieder, behielt aber sein Bundestagsmandat. Nach Angaben seines Büros ist er nun seit Juli regelmäßig wieder im Bundestag. Bei der Fraktionsklausur war er wegen Krankheit entschuldigt. Thomas Hitschler, Landesgruppensprecher im Bundestag, sagte auf Anfrage: „Bislang sind uns mögliche Rückkehrpläne von Marcus Held lediglich aus der Presse bekannt. Weitere Informationen liegen uns als Landesgruppe dazu nicht vor.“ Gerüchte wonach es Bestrebungen gebe, Held aus der Fraktion auszuschließen, dementierte ein Fraktionssprecher am Donnerstag. Man wolle den Ausgang des Verfahrens abwarten, hieß es. Dennoch sind viele Abgeordnete unglücklich über Helds Absichten. Mehrfach hatte die rheinland-pfälzische SPD Held aufgefordert, sein Mandat niederzulegen. Seine Glaubwürdigkeit sei verloren. Die Union nutzte Helds Ankündigung bereits, um die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer anzugreifen. Die SPD müsse den Worten auch Taten folgen lassen, sagte der designierte Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz, Gerd Schreiner. Dreyer müsse dafür sorgen, dass Marcus Held nicht länger Teil der SPD-Bundestagsfraktion sei. Dreyer hat bei Angelegenheiten der Fraktion jedoch keine Handhabe.

(jd)
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