Schlagabtausch im Bundestag SPD macht Wahlkampf mit Frauenquote

Berlin · Regierung und Opposition lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch über die Frauenquote. Sie warfen sich gegenseitig Heuchelei vor. CDU-Fraktionschef Kauder bekannte sich zu einer festen Quote für Aufsichtsräte ab 2020.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt ungerührt auf der Regierungsbank. Am Rednerpult daneben steht Grünen-Spitzenfrau Katrin Göring-Eckardt, die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen scharf angreift, weil diese nicht mehr mit Rot-Grün in Sachen Frauenquote paktiert. Kritik an der Arbeitsministerin hat auch die Kanzlerin. Sie ist so vergrätzt über den Alleingang der CDU-Vizechefin bei der Frauenquote, dass sie die Ministerin mit Missachtung straft. Von der Leyen wiederum sitzt wie aus Stein gemeißelt auf ihrem Platz und lässt die Kritik der Opposition und die Missachtung der eigenen Leute an sich abperlen. Hinterher wird sie in der Lobby des Bundestags vor Kameras und Mikrofonen die Abstimmung über die Quote als "guten Tag für die Frauen in Deutschland" bezeichnen. Dafür steht Ministerin Kristina Schröder (CDU), die eigentlich zuständig ist für Frauen und für Quoten, an diesem Tag hoch im Kurs.

Die Kanzlerin spricht mehrfach mit ihr und freut sich sichtlich über jede rhetorische Spitze, die Schröder gegen die Opposition feuert. Diese wiederum lässt im und (mit der Demonstration) vor dem Reichstag erkennen, dass sie mit dem Thema Wahlkampf machen will.

Im Bundestag geht es bei der Debatte um die Frauenquote hoch her. SPD, Grüne und Linke hatten sich wochenlang berechtigt Hoffnung gemacht, sie könnten die Regierungskoalition in der Frauenquoten-Frage auseinandertreiben. Bei vielen weiblichen Abgeordneten von SPD und Grünen mischt sich auch echte Enttäuschung in die übliche parlamentarische Auseinandersetzung. Aus ihrer Sicht waren sie mit dem Vorschlag — bis 2018 eine Quote von 20 Prozent und bis 2030 dann eine Quote von 40 Prozent für Aufsichtsräte — den Mitstreiterinnen in der Union weit entgegengekommen.

Die Vize-Fraktionschefin der Grünen, Ekin Deligöz, die seit zwei Jahren an diesem Deal mit den CDU-Frauen arbeitet, wirft Unionsfrau Rita Pawelski vor: "Sie brechen ein Versprechen. Das nehme ich Ihnen persönlich übel." Pawelski galt aus Sicht von Rot-Grün als sichere Bank. Auch die Vize-Fraktionschefin der SPD, Dagmar Ziegler, zeigt echte Enttäuschung: "Sie haben aus einer historischen Chance eine Riesenblamage gemacht", wirft sie den Frauen in der Union vor.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kritisiert den unionsinternen Kompromiss, eine feste Quote erst ab 2020 einzuführen, mit Ironie und Empörung: "Warum nicht gleich noch ein Mindestlohn für das Jahr 2090? Das ist Heuchelei. Das ist Volksverdummung." Den Quoten-Befürworterinnen in der Union wirft er vor, sie würden auf einen "billigen Kompromiss" der Parteiführung hereinfallen.

Am Ende gibt es für den Quoten-Antrag der Opposition nur eine Enthaltung und eine Ja-Stimme aus den Reihen der Regierungsfraktionen. Das Ja kommt ausgerechnet von einer FDP-Abgeordneten, Sibylle Laurischk, immerhin Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Frauen, Senioren und Jugend im Bundestag. Die 58-Jährige wird nicht wieder für das Parlament kandidieren. Ihre Fraktion aber wird sich weiterhin stramm gegen jede gesetzliche Frauenquote aussprechen. Die frauenpolitische Sprecherin der Liberalen, Nicole Bracht-Bendt, bezeichnete die Quote gar als "Schreckgespenst".

Für Folklore sorgten am Ende noch die Grünen. Neben dem von ihnen gestützten Antrag für eine Frauenquote brachten sie auch noch einen Antrag ein, der den Unionskompromiss widerspiegelte. Damit wollten sie die Regierung abermals vorführen, ohne selbst zuzustimmen.

"Mit ihren Anträgen ging es der Opposition nicht um die Sache, sondern nur darum, die Regierung auseinanderzutreiben", sagte die Chefin der Frauenunion, Maria Böhmer. Dieser Antrag der Grünen bekam dann auch tatsächlich keine einzige Stimme.

(qua)
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