Lärm macht krank SPD macht Lärmschutz zum Wahlkampfthema

Berlin · Die Sozialdemokraten wollen die Zahl der vom Lärm Geplagten in Deutschland bis zum Jahr 2020 halbieren.

Knapp sieben Millionen Menschen in Deutschland müssen nach Angaben des Umweltbundesamtes dauerhaft mit einem Lärmpegel von mehr als 55 Dezibel leben. Dies entspricht einem Radio in Zimmerlautstärke. Nach Ansicht der Experten setzt krank machender Lärm schon bei deutlich leiseren Tönen ein. Bei 30 Dezibel, die allein ein tickender Wecker verbreitet, können bereits Einschlafstörungen die Folge sein. Ein Risiko für Herz und Kreislauf besteht, wenn nachts 45 Dezibel Lautstärke oder mehr herrschen. Zum Vergleich: Ein vorbeiknatterndes Moped erzeugt 90 Dezibel. Menschen, die in der Nähe von Flughäfen leben, müssen sich Studien zufolge häufiger Schlafmittel oder Blutdrucksenker verschreiben lassen als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Die SPD hat sich den Kampf gegen krank machenden Lärm auf die Fahne geschrieben. Sie will die Zahl der von Lärm gesundheitlich beeinträchtigten Menschen in Deutschland bis zum Jahr 2020 halbieren. "Das Ziel werden wir vor allem durch technische Weiterentwicklung erreichen", sagte Brigitte Zypries, zuständig im Kompetenzteam von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für den Verbraucherschutz.

"Wir wollen das Umrüstprogramm für Güterwaggons deutlich erhöhen, lärmabhängige Trassenpreise einführen und insgesamt die Lärmsanierungsmittel für die Schiene auf 200 Millionen Euro jährlich verdoppeln", sagte die frühere Justizministerin. Allein durch den Austausch von Bremsen bei Waggons könne der Bahnlärm um zehn Dezibel reduziert werden, heißt es in einem Papier der Partei.

Der Schienenverkehr ist nach Ansicht des Umweltbundesamtes aber keineswegs das größte Problem: "Der Straßenverkehr ist nach wie vor die Hauptlärmquelle", betonte ein Sprecher des Umweltbundesamtes. Allein in Düsseldorf leben nach Angaben des Umweltbundesamtes über 150 000 Menschen mit einer dauerhaften Straßenlärmbelästigung von mehr als 55 Dezibel.

Lärm ist auch teuer: Die Europäische Kommission schätzt die durch den Verkehrslärm in der EU verursachten Kosten etwa für Gesundheitsaufwendungen auf rund 40 Milliarden Euro pro Jahr. Davon entfielen 90 Prozent auf Folgen des Straßenverkehrs. Zypries setzt zur Bekämpfung des Straßenlärms auf "Flüsterasphalt". Sie betonte: "Wir haben inzwischen Straßenbeläge, die den Lärm durch Fahrzeuge erheblich reduzieren." Auch Elektroautos seien ein Beispiel, Lärmschutz zu erreichen.

Aus Sicht des Umweltbundesamtes lässt sich Lärmschutz vor allem durch Tempo-Limits erreichen. "Tempo 30 in Innenstädten bringt eine Lärmreduzierung von drei bis vier Dezibel", sagte René Weinandy, Lärmschutz-Experte beim Umweltbundesamt. Diese Lärmreduktion entspreche einer Halbierung der Fahrzeugzahl.

(qua)
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