Linke für Vermögensteuer SPD im Steuerstreit

Berlin (rpo). Ein tiefer Riss geht durch die SPD. Der Grund ist die Steuerpolitik der Partei. Kanzler Schröder warnt vor einer Ausweitung der Debatte.

Durch die SPD zieht sich weiterhin ein tiefer Riss in der Steuerpolitik. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) warnten am Sonntag auf dem Sonderparteitag in Berlin nachdrücklich vor einer Dauerdebatte über Steuererhöhungen. Sie wandten sich gegen die vor allem von den SPD-Linken verlangte Wiederbelebung der Vermögensteuer. "Wer die privaten Investitionen voranbringen will, muss die Steuern runter bringen", rief Clement in einer engagierten Rede.

Dagegen wurde von Seiten der SPD-Linken weiter die Erhöhung der Erbschaft- und Mehrwertsteuern verlangt. Letztere dienten aber nicht einer allgemein höheren Belastung, sondern der Senkung der Lohnnebenkosten, sagte der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende und frühere Landesfinanzminister Claus Möller.

Belebung der Vermögensteuer

Die Bundestagsabgeordnete und ehemalige Juso-Vorsitzende Andrea Nahles forderte eine Belebung der 1997 auf Eis gelegten Vermögensteuer für Reiche als Akt der Gerechtigkeit. Sie spielte damit auf zahlreiche Kürzungen für sozial Schwache an, die sie als einseitige Sparpolitik von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kritisierte. Das führe zu mehr Schulden und nicht zu mehr Wachstum. Die Fähigkeit der SPD zu regieren hänge von der Überzeugungsfähigkeit und Gerechtigkeit ab.

Schröder hatte zum Auftakt des Schlagabtauschs über seine Reform- "Agenda 2010" erklärt, nicht nur die sozial Schwächeren hätten Anspruch auf Sicherheit. "Deshalb sollten wir uns hüten, diejenigen, die heute schon leistungsstärker und selbstständiger sind, durch ständig neue Diskussionen um Steuern und neue Zwangsmaßnahmen zu verunsichern." Clement widersprach der Kritik des SPD-Abgeordneten Ottmar Schreiner, der das Fehlen eines Konzepts zur Stützung der Binnenkonjunktur moniert hatte. "Steuern runter - das ist die kräftigste Nachfragestärkung", sagte der Wirtschaftsminister unter Hinweis auf die kommenden Steuersenkungsstufen 2004 und 2005.

Münefering kündigt Steuerentlastung für Kommunen an

Indessen kündigte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering trotz der Auseinandersetzung mit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) erneut "mehrere Milliarden" Euro Steuerentlastung für die Kommunen im Rahmen der Gemeindefinanzreform an. Dies solle das Ergebnis der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ebenso sein wie einer verfestigten Gewerbesteuer, in die auch die Freiberufler einbezogen würden. Eichel hatte einen erheblichen Bundesanteil an den Einsparungen durch die Zusammenlegung der Sozialsysteme angemeldet.

Möller stützte die Forderung der Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD), die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um die Sozialbeiträge senken zu können. Damit sollte künftig auch die beitragsfinanzierte Pflegeversicherung auf eine Steuerfinanzierung umgestellt werden. "Es geht nicht um Erhöhungen der Abgabenlast unter dem Strich", sagte er. Die Erbschaftsteuer müsse zum 1. Januar 2005 verfassungsfest geregelt sein. Eine Erhöhung für reiche Erben begründete Möller so: "Wir besteuern die Arbeit in Deutschland sehr hoch und haben international die niedrigste Kapitalbesteuerung. Da muss es auch möglich sein, übe die Erbschaftsteuer zu reden."

Gedankenspiele zur Erbschaftssteuer

Müntefering deutete nur indirekt an, dass zur Finanzierung erhöhter Kosten der Pflegeversicherung später unter Umständen eine erhöhte Erbschaftsteuer herangezogen werden könnte. "Die Menschen haben Anspruch auf Pflege, aber keiner hat Anspruch auf hohe Erbschaften." Beide Gedanken müssten miteinander verbunden werden. Auf Dauer werde ein Beitragssatz von 1,7 Prozent nicht ausreichen.

Vor dem Sonderparteitag hatte sich Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" klar gegen eine Anhebung der Erbschaftsteuer ausgesprochen. "Das ist doch nur ein sozialdemokratischer Fetisch." Ebenso wenig mache eine höhere Mehrwertsteuer ökonomisch Sinn. Auch Ortwin Runde (SPD) und die Grünen wandten sich gegen Äußerungen von Simonis und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD). Dieser hatte Verständnis für die Vermögensteuer-Forderungen der SPD-Linken geäußert.

Grüne warnen vor Nebendiskussionen

Die Fraktionschefin der Grünen, Krista Sager, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag), Vermögen- und Erbschaftsteuer könnten die Probleme der Sozialsicherung und der steigenden Lohnnebenkosten nicht lösen: "Von daher kann man nur vor Nebendiskussionen warnen, die die Illusion aufkommen lassen, uns bliebe die Stabilisierung der Sicherungssysteme im Rahmen der "Agenda 2010" erspart."

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