"SPD freut sich über starke Grüne"

Interview Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann

In der SPD wird die Parteireform heftig diskutiert. Werden die Funktionäre und Mitglieder durch die geplante Öffnung nach außen geschwächt?

Oppermann Nein. Die Vorschläge von Generalsekretärin Andrea Nahles sind mutig und richtig. Die Parteistruktur bleibt ja erhalten, wir sind stolz auf jedes unserer rund 500 000 Mitglieder. Aber wir brauchen auch Impulse von außen. Die SPD muss ein Bündnis mit interessierten gesellschaftlichen Gruppen eingehen, das macht die Partei stärker. Besitzstandsdenken darf es jetzt nicht geben. Wir sind doch alle in die SPD eingetreten, nicht um Mitgliedsansprüche zu maximieren, sondern um Gleichgesinnte zu treffen, mit denen wir politisch etwas bewegen können. Die Ideen der Sozialdemokratie sind wichtiger als das Parteibuch. Warum sollten bei Kandidatenaufstellungen nicht Externe mitbestimmen, wenn die Partei vor Ort das so entscheidet.

Also auch über die Kanzlerkandidatur?

Oppermann Das muss ein Parteitag entscheiden, wenn die Frage ansteht.

Sie können sich ein solches Vorgehen vorstellen?

Oppermann Beispiele solcher Urwahlen unter Beteiligung von Nicht-Mitgliedern haben in anderen Ländern durchaus Erfolg gehabt. Wir sollten auf dem Parteitag im Dezember erst einmal die Parteisatzung so verändern, dass künftig Urwahlen unter Beteiligung von Externen, die sich zur SPD bekennen, möglich werden.

Der Parteivorstand soll halbiert werden. Kommt die ehemalige 40-Prozent-Partei SPD damit in der 20-Prozent-Realität an?

Oppermann Es ist sinnvoll, die Führungsstrukturen zu verschlanken.

Die Grünen entwickeln sich zur zweiten Volkspartei. Macht Ihnen das zu schaffen?

Oppermann Nein. Wir freuen uns über starke Grüne, denn wir brauchen sie, um mit ihnen 2013 auch im Bund Schwarz-Gelb abzulösen. Die Wahl in Bremen hat doch klar gezeigt: beide, SPD und Grüne, können auf Kosten von Schwarz-Gelb zulegen. Unser Gegner sind nicht die Grünen, unser Gegner bleibt die Union.

Wie viele Kanzlerkandidaten hat denn die SPD derzeit?

Oppermann Das ist keine Frage, die uns derzeit beschäftigt.

Wie wichtig ist die Popularität des möglichen Kanzlerkandidaten für die Entscheidung?

Oppermann Popularität, Ernsthaftigkeit und Kompetenz müssen gleichermaßen bei einem Kanzlerkandidaten zusammenfinden.

Muss der nächste Kanzlerkandidat ein Niedersachse sein?

Oppermann (lacht) Niedersachsen sind immer gut. Im Ernst: Da müssen Sie sich noch etwas gedulden.

Oppermann Wir sind uns alle in der SPD einig, dass zwei Jahre vor der nächsten Wahl nicht der Zeitpunkt ist, um über mögliche Kanzlerkandidaten zu spekulieren.

Wird es Ihnen gelingen, in der Energiefrage einen Konsens mit der Bundesregierung zu finden?

Oppermann Merkel schafft ja bislang noch nicht einmal einen Kompromiss in den eigenen Reihen. Schwarz-Gelb streitet über Kontrollphasen und Revisionsklauseln, die Abschaffung der Atomsteuer und verschiedene Ausstiegsdaten. Die Linie der SPD ist klar: Wir wollen den schnellen Ausstieg ohne Wenn und Aber. Die Altmeiler und Krümmel müssen abgeschaltet bleiben. Der Strom muss für Verbraucher und Unternehmen bezahlbar bleiben. Die verschärften Sicherheitsstandards müssen wieder in Kraft treten, die Erneuerbaren Energien müssen kraftvoll gefördert und eine ergebnisoffene Endlagersuche angestrebt werden. Es darf keine schmutzigen Deals im Hinterzimmer der Regierung auf Kosten der Steuerzahler geben. Wenn diese Punkte befriedigend geregelt werden, ist eine Zustimmung der SPD nicht ausgeschlossen.

Michael Bröcker und Eva Quadbeck führten das Interview.

(RP)
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