Berlin SPD deutet Kompromiss im Streit um NSA-Spählisten an

Berlin · Bislang ist noch unklar, ob die US-Spionageliste einem oder mehreren unabhängigen Beauftragten vorgelegt werden soll.

Im Streit um die Kontrolle der NSA-Spionageliste wird die Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten immer wahrscheinlicher. Zwar gebe es noch keine Entscheidung, hieß es in Berlin aus Koalitionskreisen. In den Regierungsfraktionen wird eine Prüfung der geheimen "Selektorenliste" durch einen zur Vertraulichkeit verpflichteten und unabhängigen Beauftragten aber für sinnvoll gehalten. Bei den Listen handelt es sich um eine Zusammenstellung von Suchbegriffen, mit denen der US-Geheimdienst NSA von Deutschland aus europäische Behörden und Unternehmen ausspioniert haben soll. Der Bundesnachrichtendienst steht im Verdacht, der NSA dabei geholfen zu haben.

Sollte das Kanzleramt die Benennung eines Ermittlungsbeauftragten vorschlagen, sei das unter bestimmten Voraussetzungen ein "erster gangbarer Schritt", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka. Der Ermittler müsse Zugang zu allen relevanten Akten und Daten bekommen. SPD-Obmann Christian Flisek zufolge muss die Regierung bis kommenden Donnerstag einen Vorschlag machen. Nur dann könne das weitere Vorgehen rechtzeitig festgezurrt werden, bevor das Parlament im Sommer eine Arbeitspause einlege.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind die Beratungen zwischen den Fraktionen und mit der Regierung noch nicht abgeschlossen. Unter anderem geht es um die Frage, ob es einen oder mehrere externe Ermittler geben wird. Die Union ist dafür, nur einen einzusetzen, bei der SPD ist man hier noch offen. Das Kanzleramt will dem Bundestag die Liste nur mit Zustimmung der USA übergeben. Der Konsultationsprozess dazu läuft noch; ein Ja des Weißen Hauses ist allerdings kaum zu erwarten.

Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch drohte erneut mit juristischen Schritten, wenn die Regierung lediglich einem Ermittlungsbeauftragten Einsicht gewährt. Martina Renner, die Linken-Obfrau im NSA-Untersuchungsausschuss, kritisierte: "Die Bundesregierung verhängt im Zusammenhang mit der Aufklärung der NSA-BND-Affäre den parlamentarischen Ausnahmezustand. Sie will de facto allein entscheiden, was und wie das Parlament und die Bürgerinnen und Bürger erfahren dürfen." Der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, sagte, die Beweismittel müssten dem Parlament vorgelegt werden. "Wenn dies nicht erfolgt, muss man gegebenenfalls klagen." Der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke betonte: "Die Regierung kann sich doch nicht von einem durch sie selbst ernannten Ermittlungsbeauftragten kontrollieren lassen."

(dpa)
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