Berlin SPD-Chef unzufrieden mit Sarrazin-Verfahren

Berlin · SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich im Streit um das Parteiausschlussverfahren gegen den Buchautor Thilo Sarrazin vor Generalsekretärin Andrea Nahles gestellt. Sie ist zur Zielscheibe der Kritik geworden – bis hin zu Rücktrittforderungen –, weil sie den Antrag des Vorstands vertreten hatte, Sarrazin auszuschließen. Das Verfahren ging aber überraschend mit einem Verbleib Sarrazins in der SPD zu Ende.

Gabriel sagte dem "Tagesspiegel", die Schiedskommission habe Sarrazins Erklärung Glauben geschenkt, er wolle nicht länger "dieser unseligen Verbindung des Genetischen mit dem Sozialen" das Wort reden. Infolgedessen sei ein Ausschluss nicht mehr infrage gekommen, "auch wenn ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht hätte". Der SPD-Chef hatte selbst die Initiative für das Verfahren ergriffen.

Ähnlich wie Gabriel zweifelt auch NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) an einem Meinungswandel bei Sarrazin. Zwar müsse jeder Sozialdemokrat eine zweite Chance erhalten. Er sei aber nicht überzeugt, dass der ehemalige Bundesbanker diese Chance nutzen werde. "Verlauf und Ergebnis des Parteiordnungsverfahrens gegen Sarrazin haben viele SPD-Mitglieder, die sich für eine konstruktive Integrationspolitik einsetzen, tief enttäuscht", sagte Schneider.

Die Vizefraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Dilek Kolat, appellierte an Sarrazin, sein Parteibuch zurückzugeben. Niedersachsens SPD-Chef Olaf Lies sagte, das Ende des Verfahrens sei schwer zu vermitteln. Dagegen verteidigten Hamburgs Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und der konservative Seeheimer Kreis die Einigung.

(RP)
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