Soldaten stürzen Malis Regierung

Kapstadt Im westafrikanischen Mali haben meuternde Soldaten gestern die Regierung des langjährigen, demokratisch gewählten Präsidenten Amadou Toumani Touré (63) gestürzt. Bei einem Fernsehauftritt warfen die Mitglieder des "Nationalkomitees für die Wiederherstellung der Demokratie und des Staates" der Regierung vor, sie habe die Streitkräfte nicht genug bei der Bekämpfung der Tuareg im Norden des Landes unterstützt. Offenbar wurden bei dem Putsch mehrere Minister festgenommen. Gleichzeitig wurde die Verfassung außer Kraft gesetzt und eine Ausgangssperre verhängt. Präsident Touré, dem offenbar die Flucht in die US-Botschaft gelang, erklärte, sich den Putschisten nicht beugen zu wollen.

Wenige Länder in Afrika haben in den vergangenen Jahren eine solch positive Presse erhalten wie der Wüstenstaat Mali. Zusammen mit Ghana zählt die frühere französische Kolonie zu den wenigen echten demokratischen Ländern des Kontinents. Präsidenten dürfen nur zwei Amtszeiten antreten, die Rolle der Opposition ist fest in der Verfassung verankert. Unter Touré hat sich Mali als ein solch verlässlicher Partner erwiesen, dass die USA den Bau von Militärbasen im Kampf gegen den Terrorismus erwogen.

Umso besorgniserregender ist, dass nun auch diese letzte Insel der Stabilität zu kippen droht. Sowohl der Putsch als auch die vorangegangene Rebellion der Tuareg sind eine Spätfolge des Krieges in Libyen. So sind nach dem Sturz des Regimes von Muammar al Gaddafi bis zu 2000 malische Tuareg in ihre Heimat zurückgekehrt , die zuvor in den Diensten des libyschen Diktators gestanden hatten. Gaddafi hatte die Tuareg 2008 in seine Armee integriert. Nach malischen Angaben bedienten sich die Tuareg nach dem Sturz Gaddafis an dessen Waffenarsenal und kehrten im Oktober in ihre Heimat zurück. Neben Stalinorgeln und Minenwerfern sollen sie auch über Boden-Boden- und Boden-Luft-Raketen verfügen.

Die nur auf rund 7000 Soldaten geschätzte und nur schwach bewaffnete malische Armee moniert seit Längerem die Nachgiebigkeit ihrer Regierung gegenüber den Tuareg-Rebellen. Präsident Touré hatte diesen nach der Rückkehr aus Libyen weitreichende Zugeständnisse gemacht, darunter eine Quasi-Autonomie auf Provinzebene. Allerdings hatten die Rebellen all diese Konzessionen abgelehnt. Stattdessen haben die Tuareg in den letzten Monaten die malische Armee aus mehreren Orten im Norden des Landes verdrängt. Die Region gilt als Rückzugsgebiet eines Ablegers der islamistischen Terrororganisation al Qaida. In westlichen Militärkreisen wird befürchtet, dass die Tuareg sich mit den islamistischen Fundamentalisten verbünden werden.

(RP)
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