Bonn So will die Telekom die deutschen Kunden schützen

Bonn · Mit Spitzelaktionen und Geheimdiensten beschäftigt sich Telekom-Chef René Obermann sowohl privat wie beruflich intensiv. Eine der schwersten Krisen des Unternehmens überstand er 2008, als herauskam, dass der konzerneigene Sicherheitsdienst unter seinem Vorgänger illegal die Telefondaten von Journalisten und Betriebsräten ausgewertet hatte. Und als eines seiner Lieblingsbücher bezeichnete er einmal ein Enthüllungswerk über Amerikas Geheimdienst NSA – und zwar schon vor Jahren.

Umso entschlossener versucht der Telefonkonzern, nun von der NSA-Affäre zu profitieren. Laut dem Material des Informanten Edward Snowden hatten die Techniker der NSA den globalen Datenverkehr auch bespitzelt, indem sie in Großbritannien die dortigen Glasfaserleitungen von Europa nach Amerika mit extrem aufwendiger Technik abgriffen. Faktisch war so der Zugriff auf praktisch alle über das Internet übertragenen Daten möglich, da diese sehr oft auch über europäisch-amerikanische Glasfaserleitungen laufen.

Diesem Unwesen möchte die Telekom nun mit einem "deutschen Internet" begegnen, das später auf alle Länder Kontinentaleuropas ausgedehnt werden soll: "Beim Transport zwischen Sendern und Empfängern in Deutschland wollen wir garantieren, dass kein Byte Deutschland verlässt und auch nicht vorübergehend die Grenze überschreitet", erklärt Telekom-Datenschutzvorstand Thomas Kremer.

Der Konzern bekommt dafür Rückendeckung: Die meisten deutschen Partner wären bereit, innerdeutsche Nachrichten tatsächlich nur im Land zu übertragen. Und nachdem herauskam, dass die NSA sogar ein Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausspioniert hatte, unterstützt die Bundesregierung das Konzept: Ein rein deutsches oder kontinentaleuropäisches Routing solle gesetzlich erzwungen werden, erklärt Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Auch Google oder Apple wären gezwungen, hiesige Mails an hiesige Empfänger nur über deutsche Rechner zu leiten – ein bisher an sich undenkbarer Eingriff in die Macht dieser extrem selbstbewussten Konzerne.

Gleichzeitig verschlüsseln Telekom, Freenet und auch GMX neuerdings Mails ihrer Kunden – das soll das Abzapfen erschweren. Tatsächlich könnte die NSA aber die Verschlüsselung knacken, solange sie noch auf den bisher global laufenden Datenverkehr zugreifen kann.

Je stärker die Wirtschaft sich vor Spitzelattacken sorgt, umso mehr will die Telekom davon profitieren. So wird Mittelständlern und Konzernen angeboten, Daten besonders sicher auf Telekom-Rechnern zu speichern. Das Ziel: US-Wettbewerber wie HP oder IBM abdrängen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort