Singapur Singapur - vom Sumpf zum Weltstaat

Singapur · Vor 50 Jahren wurde die heutige Metropole unabhängig. Eine Erfolgsgeschichte.

Singapurs Staatsgründer Lee Kuan Yew weinte, als Malaysia seine Insel 1965 aus der Union warf. Zwei Jahre zuvor hatte sich die Stadt mit Malaya, Sabah und Sarawak zur Malaysischen Föderation zusammengeschlossen. Doch Spannungen mit dem Parlament in Kuala Lumpur und ethnische Unruhen führten am 9. August zum Ausschluss Singapurs aus der Föderation - und damit erzwungenermaßen zur Unabhängigkeit.

Der heutige Stadtstaat mit seinem sumpfigen Tropenboden fast am Äquator in Südostasien, mit gut 700 Quadratkilometern kleiner als Hamburg, hatte schlechte Karten: zwei Millionen Menschen, keine Bodenschätze, kein Hinterland, kaum Trinkwasser. Doch Lee Kuan Yew schuf mit Disziplin und harter Hand eine Wolkenkratzer-Metropole mit hohem Bildungsstandard, ein Finanzzentrum mit Weltruf und ohne Korruption. Die rund 5,5 Millionen Einwohner haben heute einen der höchsten Lebensstandards der Welt. Das Land mit einem Pro-Kopf-Einkommen von umgerechnet rund 450 Euro im Jahr 1965 wies im Jahr 2014 ein Pro-Kopf-Einkommen von über 50 000 Euro auf. Es gehört damit Weltbank und Internationalem Währungsfonds zufolge zu den zehn wohlhabendsten Nationen der Welt. Die Arbeitslosigkeit beträgt lediglich zwei Prozent. Neben dem Finanzgeschäft setzt Singapur auf Ölverarbeitung, Elektronikindustrie und Maschinenbau. In zukunftsträchtigen Bereichen wie der Genforschung und der Nanotechnologie gilt das Land heute als Exzellenzzentrum.

Der Preis für den Erfolg ist aber ein Volk an der kurzen Leine. Denn Gründervater Lee war Disziplin stets wichtiger als Demokratie. Bürgerfreiheiten blieben daher auf der Strecke: Sex unter Männern ist verboten. Demonstrationen sind nur in einer Parkecke erlaubt. Die staatsnahe Medienbehörde MDA überwacht Webseiten mit politischem Inhalt. Meinungsfreiheit steht zwar in der Verfassung, wird aber durch Gesetze eingeschränkt. Zuletzt ging der Fall des 16-jährigen Bloggers Amos Yee um die Welt. Der Teeanger wurde zu vier Wochen Haft verurteilt, weil er Staatsgründer Lee in einem Video kritisiert hatte.

Doch die Menschen werden die Gängelei leid. Die seit 50 Jahren regierende Lee-Partei PAP bekam 2011 einen Denkzettel: mit gut 60 Prozent das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten. Das politische System sorgt zwar dafür, dass die Partei trotzdem mehr als 90 Prozent der Parlamentssitze behielt. Aber die Regierenden waren alarmiert. "Wir scheinen in einer Midlife-Krise zu stecken", warnte Ex-Regierungschef Goh Chok Tong 2013. "Die Leute wollen mehr Freiheit, um ihr Leben selbst zu bestimmen, wollen mehr politische Mitsprache."

(RP)
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