Stockholm Schwedische "Piratpartiet" will von Deutschen lernen

Stockholm · Die deutsche Piratenpartei ist auf dem Vormarsch. Aber wie lange noch? Die erste Piratenpartei der Welt wurde 2006 in Schweden von Rick Falkvinge gegründet. Obwohl die "Piratpartiet" (PP) im Grunde nur einen Programmpunkt (freies Internet), kaum Mitglieder und auch so gut wie kein Geld hatte, gelang ihr nur drei Jahre später der Einzug ins Europaparlament – 7,1 Prozent der schwedischen Stimmen reichten für zwei Sitze in Straßburg.

Ihren Überraschungserfolg in Schweden hatte die PP vor allem einem von ihr völlig unabhängigen Organ zu verdanken: der Daten-Tauschseite "Pirate Bay" ("Piratenbucht") im Internet. Die ermöglicht den weltweiten Gratisaustausch urheberrechtlich geschützter Filme, von Musik, Spielen und E-Büchern; mit zeitweise 25 Millionen Anwendern am Tag steht sie unter den meistbesuchten Internetseiten.

Das freilich kollidierte mit dem Urheberrecht. Kurz vor der Europawahl 2009 wurden die "Pirate Bay"-Gründer zu unerwartet harten Gefängnisstrafen verurteilt. Vor allem junge Schweden gingen wählen – um gegen die Urteile zu protestieren. Fast 20 Prozent der schwedischen Wähler unter 30 stimmten 2009 für die Piratenpartei.

Doch inzwischen sind die schwedischen Piraten in eine Flaute geraten. Bei den Parlamentswahlen 2010 schaffte die Partei den Sprung in den Reichstag nicht, die Rechtspopulisten ("Schwedendemokraten") dagegen zum ersten Mal. Man habe den Fehler gemacht, das Parteiprogramm nicht rechtzeitig zu verbreitern, sagt Falkvinge im Gespräch mit unserer Zeitung: "Die meisten Schweden, die uns bei der Europawahl wählten, wollten das bei den nationalen Wahlen dann doch nicht mehr. Und es war immer der gleiche Grund: ,Euch braucht es dringend, aber ihr habt doch nur einen einzigen Programmpunkt'", erinnert sich der Parteigründer.

Den Erfolg des Ablegers im Süden sieht Falkvinge ohne Neid: "Voneinander zu kopieren, ist eine fruchtbare, produktive Angelegenheit. Das sieht man ja jetzt auch bei den erfreulichen Wahlergebnissen in Deutschland." Die deutschen Piraten erschienen ihm in Sachen Schutz der Privatsphäre "kritischer und fordernder" als die Schweden, sagt Falkvinge. Zudem hätten die deutschen Piraten jetzt schon ein breiter aufgestelltes Parteiprogramm – davon könne wiederum die PP in Schweden lernen: "Derzeit kopieren wir von unseren Nachahmern. Ich gratuliere der Piratenpartei in Deutschland. Sie ist nun das Flaggschiff."

(RP)
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