Außenminister zieht positive Bilanz seines Besuchs Schröder stellt sich erneut hinter Fischer

Berlin (dpa). Führende Grünen-Politiker haben sich am Donnerstag bemüht, die Aufregung um Äußerungen von Bundesaußenminister Joschka Fischer zum amerikanisch-britischen Bombardement im Irak zu dämpfen. Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Rezzo Schlauch, sagte, von einem innerparteilichen Aufstand gegen Fischer könne nicht die Rede sein. Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte sich erneut vor seinen Außenminister.

Fischer hatte bei seinem Besuch in Washington Verständnis für die Militäraktion gezeigt. Die designierte Grünen-Vorsitzende Claudia Roth plädierte für eine grundsätzliche Debatte über die künftige Politik gegenüber dem Irak. Der frühere Außenminister Klaus Kinkel (FDP) warf Fischer vor, er habe "windelweich gekuscht".

Fischer selbst hatte seine Äußerungen vor der Abreise aus Washington in der Nacht noch einmal bekräftigt. Am Donnerstag nahm er in Rom an den Feierlichkeiten zur Ernennung von vier neuen deutschen Kardinälen teil. Nach einem Telefonat des Außenministers mit Schröder sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, zwischen beiden gebe es "völlige Übereinstimmung" in der Bewertung des Besuchs.

Kuhn: Keine massiven Proteste in der Partei

Der Grünen-Vorsitzende Fritz Kuhn sagte im Deutschlandfunk, es gebe keine massiven Proteste der Partei wegen Fischers Äußerungen und somit auch keinen großen Streit. Am Vortag hatte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) von "Unruhe und Befremden" an der Basis berichtet. Kuhn nannte es normal, dass unterschiedliche Auffassungen in einer demokratischen Partei an die Öffentlichkeit drängen. "Die Partei versteht im Grunde schon, dass es einen Unterschied macht, ob man eine Diskussion in der Partei über den richtigen Weg in der Außenpolitik führt oder ob man in einer diplomatischen Situation beim ersten Besuch einer neuen Regierung steht."

Schlauch sagte im Südwestrundfunk, er könne die Kritik an Fischers Äußerungen nicht nachvollziehen. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, die die Luftangriffe auf Irak kritisiert hatte, verteidigte am Donnerstag Fischer. Die Grünen stünden "100-prozentig" hinter dem Minister, sagte sie im Info-Radio Berlin-Brandenburg. Parteiinterne Kritik sei in der Demokratie nun mal eine Selbstverständlichkeit.

Der Abgeordnete Christian Ströbele vom linken Flügel der Bundestagsfraktion sah trotz des Streits keine Krise seiner Partei. Er wolle nach Fischers Rückkehr aus den USA "erst einmal genau hören, was er gesagt hat und warum er das gesagt hat", sagte er im ZDF.

Die designierte Grünen-Vorsitzende Claudia Roth lehnte eine Bewertung von Fischers Äußerungen ab, bevor nicht mit ihm gesprochen worden sei. Sie plädierte jedoch für eine grundsätzliche Debatte über die künftige Irak-Politik. Nach den jüngsten Angriffen müsse man fragen, ob die Politik der letzten zehn Jahre gegenüber dem arabischen Staat erfolgreich gewesen sei. Ziel sei, den Diktator Saddam Hussein zu schwächen, ohne der Bevölkerung zu schaden, und eine Eskalation zu vermeiden.

Kinkel sagte im WDR, Fischer habe in Washington gekuscht, weil er wegen seiner persönlichen Vergangenheit "gehemmt ist und in seinem Handeln eben nicht frei". Kinkel spielte damit auf Fischers Teilnahme an einer PLO-Konferenz im Jahr 1969 in Algier an.

Fischer zieht positive Bilanz seines USA-Besuchs

Bundesaußenminister Joschka Fischer beendete am Mittwoch seinen Besuch in den USA. Vor dem Abflug aus Washington zog er eine positive Bilanz seiner Gespräche mit Außenminister Colin Powell und der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice.

Die Begegnungen seien in freundschaftlicher Atmosphäre verlaufen. Fischer bekräftigte trotz Grünen-Kritik seine Haltung zum US-Angriff im Irak, für den er in Washington Verständnis gezeigt hatte.

Fischer lehnte es ab, die Reaktion seiner Parteikollegen daheim zu kommentieren. Er wolle von Washington aus keine Parteidebatte führen, sagte der Minister. Darüber müsse in Deutschland rational diskutiert werden. Fischer hatte bei seiner Washington-Visite zu den Luftangriffen unter anderem erklärt: "Wir haben die USA nicht zu kritisieren."

Gesprächsthemen waren beim Fischer-Besuch neben dem Irak die US- Pläne für eine nationale Raketenabwehr, das US-Engagement auf dem Balkan und der Stand der Nahost-Friedensbemühungen. In der Frage der Raketenabwehr sicherte Powell dem deutschen Gast erneut Konsultationen mit allen Verbündeten, aber auch China und Russland zu. Fischer sagte, die Diskussionen mit Powell seien sehr gut gewesen.

Fischer trifft deutsche Kardinäle in Rom

Außenminister Joschka Fischer hat die Ernennung der vier deutschen Kardinäle als wichtiges Signal für die deutschen Katholiken bezeichnet. "Dies ist ein bedeutender Augenblick für den deutschen Katholizismus", sagte er am Donnerstag nach der feierlichen Papstmesse auf dem Petersplatz in Rom, "insbesondere durch die Kardinalserhebung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Karl Lehmann".

Fischer nahm wie Bundesinnenminister Otto Schily an dem Gottesdienst vor dem Petersdom teil. Anschließend gibt er zu Ehren der neuen deutschen Kardinäle einen Empfang.

(RPO Archiv)
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