Kanzler schließt Einsatz definitiv aus Schröder: Keine Beteiligung an Irak-Krieg

Berlin (rpo). Bundeskanzler Gerhard Schröder hat eine deutsche Beteiligung an einem mögichen Krieg gegen den Irak definitiv ausgeschlossen. Innenminister Schily hat unterdessen Edmund Stoiber zu einer Stellungnahme aufgefordert.

"Es wäre gut, wenn sich auch die Opposition erklären würde", sagte er dem "Münchner Merkur" (Samstag). "Stoiber versucht sich durchzuwinden. Von ihm erhält man nie eine klare Aussage."

Zugleich verteidigte Schily die Thematisierung eines Militärschlags durch die Regierung. "Die Bürger haben einen Anspruch darauf zu erfahren, wie die politischen Kräfte zur Frage einer Militäraktion stehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch gegenüber den USA unmissverständlich erklären, was wir von der Sache halten."

Ähnlich sieht das die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer. "Jeder, der diese Debatte nicht führt, würde fahrlässig handeln, weil ein Angriffskrieg gegen den Irak eine ganz neue Dimension bedeuten würde", sagte sie dem Bremer "Kurier am Sonntag".

Union und FDP hatten zuvor die Thematisierung eines möglichen Irak-Krieges durch Schröder kritisiert und gemutmaßt, dies sei dem Wahlkampf geschuldet.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte eine deutsche Beteiligung an einem möglichen Krieg gegen den Irak am Freitagabend im ARD-"Bericht aus Berlin" definitiv ausgeschlossen. Deutschland habe nach den USA die meisten Truppen in internationalen Einsätzen. "Damit ist die Grenze dessen, was von uns sinnvollerweise verlangt werden kann, erreicht", sagte er. Er betonte seine Aussage, Deutschland werde sich nicht beteiligen, mit den Worten: "Das ist so, und die gilt und die bleibt. Davon ist nichts abzustreichen." Das wüssten die Verbündeten auch.

Vorwürfe, seine ablehnende Haltung zu einem Krieg gegen den Irak widerspreche der zugesagten uneingeschränkten Solidarität mit den USA, wies Schröder zurück. Das Solidaritätsversprechen habe sich auf die Beistandspflicht gegenüber einem angegriffenen Freund bezogen, sagte er in einem Interview der Arbeitsgemeinschaft deutscher Regionalzeitungen (Samstagausgaben). Das bedeute jedoch nicht, Kritik zu verschweigen, wenn Prioritäten falsch gesetzt würden. "Und das ist im Irak der Fall."

Der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) warf der SPD und Schröder "Deutschtümelei" vor. Schröder hatte sein Nein zu jeder deutschen Beteiligung an einem Irak-Krieg als "deutschen Weg" bezeichnet. Dazu sagte Genscher dem Nachrichtenmagazin "Focus": "Wenn die SPD im Zusammenhang mit der Außen- und Sicherheitspolitik diesen Begriff wählt, so ist das alarmierend." Der Begriff stehe historisch "gegen den gemeinsamen europäischen Weg, mit dem wir das Vertrauen unserer Nachbarn erworben (...) haben. Die SPD sollte schnellstens von dieser Deutschtümelei abrücken. Es gilt, europäisch zu handeln, und nicht, die nationale Schalmei zu blasen."

Der Grünen-Abgeordnete Winfried Hermann verband die Irak-Frage mit dem deutschen Afghanistan-Engagement. "Sollten die USA den Irak angreifen, müssen wir auch das deutsche Afghanistan-Engagement erneut in Frage stellen und gegebenenfalls korrigieren", sagte er der Berliner Zeitung "B.Z." (Samstag). Hermann hatte als einer von acht Grünen-Abgeordneten den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr abgelehnt.

Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbands, Bernhard Gertz, hält die Teilnahme deutscher Soldaten an einer begrenzten Operation gegen den Irak für möglich. Für eine Aktion "mit dem Ziel, die Inspektionsteams ins Land zu bringen oder Produktionsstätten von Massenvernichtungswaffen zu beseitigen, würden die Kräfte und Mittel der Bundeswehr sicherlich ausreichen", sagte Gertz der Zeitung "Bild am Sonntag". Nach Ansicht des Verbandschefs könnten die 52 deutschen Soldaten, die mit sechs "Fuchs"-Spürpanzern bereits in Kuwait stationiert seien, zu einem vollständigen ABC-Abwehrbataillon aufgestockt werden.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort