Rahmenbedingungen müssten allerdings stimmen Schröder für Steuersünder-Amnestie

Hamburg/Berlin (rpo). Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstützt einen Vorschlag der Harz-Kommission, unter ganz bestimmten Bedinungen Steuersünder zu amnestieren.

"Ich lasse über eine Amnestie mit mir reden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen" ,sagte der Kanzler dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Mir geht es darum, dass dieses Geld zu klar definierten Bedingungen zurückfließt und für bestimmte Investitionen im deutschen Osten, aber nicht nur dort, zur Verfügung steht." Zugleich sei es wichtig, "den gesetzestreuen Bürgern zu signalisieren, dass Gesetzestreue das Normale ist".

Ähnlich äußerte sich Finanzminister Hans Eichel (SPD), der eine Steuersünder-Amnestie zunächst abgelehnt hatte. Er sehe sich nicht im Widerspruch zum Kanzler. Unterdessen bekräftigte die Union ihre Ablehnung der Reformpläne.

Eichel sagte der dpa am Rande eines SPD-Landesparteitages in Zwickau, er habe nie etwas gegen den Begriff Amnestie gehabt. Allerdings gebe es dafür Voraussetzungen - an erster Stelle die Einigung über eine europäische Zinsrichtlinie. Er verwies darauf, dass rückkehrwillige Steuersünder schon heute mit einer Selbstanzeige straffrei ausgehen, aber eine Nachversteuerung plus Zinsen notwendig sei. Das Nachversteuern müsse auch künftig bleiben, einen Steuererlass für Betroffene dürfe es nicht geben. Statt der Zinsen sei aber auch eine Anleihe unter marktüblichen Zinsen denkbar, deutete der Minister an.

Die Hartz-Kommission hat eine Amnestie für diejenigen Steuersünder vorgeschlagen, die sich mit bisher im Ausland geparkten Schwarzgeld an einem neuartigen Wertpapier zur Schaffung von einer Million Stellen in Ostdeutschland beteiligen. Schröder sagte dazu: "Mir geht es darum, dass dieses Geld zu klar definierten Bedingungen zurückfließt und für bestimmte Investitionen im deutschen Osten, aber nicht nur dort, zur Verfügung steht." Zugleich sei es aber wichtig, "den gesetzestreuen Bürgern zu signalisieren, dass Gesetzestreue das Normale ist".

Kanzler wirbt um Unterstützung

Der Kanzler rief zu einer breiten Unterstützung für die Reformvorschläge auf und bekräftigte, er wolle sie schnell umsetzen. Das Konzept war nach fünfmonatiger Arbeit einstimmig verabschiedet worden. Es zielt darauf ab, die Zahl der Arbeitslosen in den nächsten drei Jahren auf zwei Millionen zu halbieren.

Schröder kritisierte die ablehnende Haltung der ostdeutschen CDU-Ministerpräsidenten zu dem "Job Floater"-Anleihemodell. Thüringens Regierungschef Bernhard Vogel etwa habe noch vor kurzem zusätzliche Milliarden für den Osten gefordert, sagte er in einem Interview deutscher Regionalzeitungen. Vogel wies die Kritik zurück. Er sagte der dpa, Schröder habe seine Vorschläge für ein Sonderprogrogramm Ost entschieden abgelehnt. "Wer gestern rechtzeitig gemachte Vorschläge ablehnt, darf heute nicht unseriöse Vorschläge für die Zukunft machen."

Stoiber gegen Hartz-Vorschläge

Auch Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) erteilte den Vorschlägen der Kommission eine strikte Absage. All das "Hartz- Gequatsche" nütze nichts, sagte er am Samstag bei einer CDU-Wahlkampfkundgebung in Celle. Mit einer besseren Vermittlung der Arbeitslosen könne das Problem nicht entscheidend gelöst werden. Nötig seien mehr Arbeitsplätze und mehr Investitionen.

Nach den Worten von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt geht das von Hartz vorgeschlagene Wertpapier-Modell an den Ursachen der Beschäftigungsmisere in Ostdeutschland vorbei. "Wir brauchen keine Staatsanleihe im neuen Gewand", sagte Hundt der "Freien Presse". Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Franz Bsirske, lehnte Prognosen ab, die Zahl der Arbeitslosen um zwei Millionen senken zu können. Mit konkreten Zahlen könnte die Glaubwürdigkeit verspielt werden, sagte er dem Nachrichtenmagazin "Focus". Die Vorschläge der Kommission würden aber "ganz sicher für Bewegung auf dem Arbeitsmarkt sorgen".

Arbeitslose über 55 Jahren buauchen nicht mehr arbeiten

Die Hartz-Kommission hat sich laut "Spiegel" bei ihrer Schlusssitzung darauf geeinigt, die Arbeitsmarkt-Regeln für Ältere grundlegend neu zu ordnen. Danach brauchen Arbeitslose über 55 Jahren nicht mehr zu arbeiten, wenn sie es nicht wollen - die Unterstützungsleistung wird samt Sozialbeiträgen trotzdem weiter gezahlt. Zudem dürfen Betriebe Arbeitnehmer über 50 künftig generell befristet anstellen.

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" waren zwischen Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften bis zuletzt vor allem Kürzungen beim Arbeitslosengeld umstritten. Die Gewerkschaften seien der Wirtschaft jedoch entgegen gekommen. So sollen nach dem mehr als 200 Seiten umfassenden Bericht die Zumutbarkeitsregeln für Arbeitsuchende schärfer angewandt werden. Viele Vorschläge der Hartz-Kommission sollen zeitlich befristet sein und im Jahr 2005 auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.

(RPO Archiv)
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