Hohe Erwartungen an Reformrede Schröder fordert Mut zu Veränderungen

Berlin (rpo). In seiner Regierungserklärung zur Lage der Nation hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Bundestag alle Teile der Bevölkerung aufgefordert, sich auf einschneidende Veränderungen einzustellen.

"Wir müssen den Mut aufbringen, uns und unserem Land jetzt die Veränderungen zuzumuten, die notwendig sind, um wieder an die Spitze der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Europa zu kommen", sagte Schröder am Freitag in seiner mit Spannung erwarteten Regierungserklärung vor dem Bundestag.

Die auf etwa eine Stunde angelegte Rede steht unter dem Motto "Mut zum Frieden und Mut zur Veränderungen". Schröder kündigte im Wirtschaftsbereich die Kürzung staatlicher Leistungen und die Forderung nach mehr Eigenleistung von den Einzelnen an. "Niemand wird sich entziehen dürfen", sagte der Kanzler.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hält eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts noch für möglich. In seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag in Berlin betonte er am Freitag, die Bundesregierung habe in den letzten Tagen ihre Anstrengungen zu einer friedlichen Lösung noch einmal verstärkt.

Es bleibe "richtig, dass wir auf der Logik des Friedens beharrt haben, statt in eine Logik des Krieges einzusteigen". Irak müsse "unter internationaler Kontrolle umfassend und nachvollziehbar abrüsten - damit auch die Wirtschaftssanktionen, unter denen vor allem das irakische Volk leidet, gelockert und schließlich aufgehoben werden können", sagte der Bundeskanzler. Nur unter diesen Bedingungen könnten Frieden und Freiheit gedeihen. "Wir sollten mit all unserer Kraft daran mithelfen, dass diese Bedingungen Wirklichkeit werden."

Schröder (SPD) hat sich entschlossen gezeigt, die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung zu verbessern. Die Lohnnebenkosten hätten eine "kaum mehr tragbare" Höhe erreicht. Der Konsum sei "drastisch zurückgegangen - nicht zuletzt seit an den Börsen allein in Deutschland während der vergangenen drei Jahre rund 700 Milliarden Euro buchstäblich vernichtet wurden".

Schröder hat eine gemeinsame industriepolitische Initiative Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in der EU angekündigt. Sie soll bereits kommende Woche auf dem EU-Gipfel in Brüssel diskutiert werden, sagte Schröder. Ziel der Initiative sei es, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu verbessern.

Arbeitslosenhilfe künftig in der Regel wie Sozialhilfe

Schröder hat Details der geplanten Fusion von Arbeitslosen- und Sozialhilfe genannt. Beide Leistungen würden zusammengelegt, "und zwar einheitlich auf eine Höhe, die in der Regel dem Niveau der Sozialhilfe entsprechen wird", sagte der Kanzler. Das Arbeitslosengeld für Ältere wird verkürzt: für unter 55-Jährige auf 12 Monate und für über 55-Jährige auf 18 Monate.

Schröder will Kündigungsschutz lockern

Schöder hat neue Regelungen für den Kündigungsschutz angekündigt, um diesen "für Arbeitnehmer und Unternehmer besser handhabbar zu machen. Dies gelte vor allem für Kleinbetriebe mit mehr als fünf Mitarbeitern, sagte Schröder. Darüber hinaus solle eine wahlweise Abfindungsregelung bei betriebsbedingten Kündigungen und eine veränderte Sozialauswahl geschaffen werden. Damit werde die "Hürde für Neueinstellungen" gesenkt.

Schröder verordnet Bundesministern Nullrunde

Die Gehälter der Minister und Staatssekretäre der Bundesregierung werden in diesem Jahr nicht erhöht. Schröder (SPD) kündigte eine Nullrunde an. "Alle müssen einen Beitrag leisten", sagte der Kanzler angesichts der schlechten Wirtschaftslage und den von ihm verkündeten Einschnitten in das Sozialsystem.

"Einschneidende Kurskorrekturen" bei Gesundheit

Schröder hat überdies "einschneidende Kurskorrekturen" im Gesundheitswesen angekündigt. Er stimmte die Bürger auf Einschnitte ein. Die Kosten von Sozialleistungen dürften "nicht immer nur und immer wieder" dem Faktor Arbeit aufgebürdet werden, sagte Schröder. Die Reform der Krankenversicherung sei der "wichtigste, auch notwendigste Teil der innenpolitischen Erneuerung". Auch bei der Rente kündigte er weitere Reformschritte an.

Praxisgebühr und Selbstbehalte bei Arztkosten

Schröder dringt bei der geplanten Gesundheitsreform auf grundlegende Änderungen. Er plädierte dafür, "differenzierte Praxisgebühren und Selbstbehalte" einzuführen. Dabei zahlen Patienten auch für den Arztbesuch und die Behandlung zu, allerdings nur zu einer bestimmten Höchstgrenze. "Menschen mit geringem Einkommen, Kinder und chronisch Kranke müssen davon ausgenommen werden", betonte Schröder. Bisher hatte die SPD Selbstbehalte strikt abgelehnt.

Merkel: Der große Wurf war Schröders Rede nicht

Die Unions-Fraktionsvorsitzende Angela Merkel hat die Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder als unzureichend kritisiert. "Der große Wurf war die Rede nicht", sagte Merkel am Freitag im Bundestag. Die Oppositionsführerin antwortete unmittelbar, nachdem Schröder seine rund anderthalbstündige Regierungserklärung abgegeben hatte.

Merkel hat eine Blockade von Regierungsplänen durch CDU und CSU im Bundesrat angekündigt. "Wir werden dafür sorgen, mit unserer Mehrheit im Bundesrat, dass Kontraproduktives nicht durchkommt", sagte Merkel. Schröder sei sich der Dimension der Krise nicht bewusst. Die Regierungserklärung habe nicht klar gemacht, wer aus der Krise geführt werde, der Kanzler oder das Land.

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