Schmutziger Kongress-Wahlkampf in den USA

Noch nie sind amerikanische Politiker so brutal miteinander umgesprungen wie vor diesen Kongresswahlen. Es geht am 2. November darum, die Mehrheitsverhältnisse im Parlament umzukehren. Da scheint jedes Mittel recht. Seit das Oberste Gericht die Regeln lockerte, haben Unternehmen freie Hand, um Interessengruppen – die sich oft nur für ein bestimmtes Thema einsetzen – Geld zu spenden. Und zwar anonym. Rund drei Milliarden Dollar werden für Wahlwerbung ausgegeben. Auch deshalb wird die Schlammschlacht erbitterter geführt. Am häufigsten schlagen die Republikaner unter die Gürtellinie.

John Dennis hat kaum Chancen, der demokratischen Mehrheitsführerin Nancy Pelosi ihren Parlamentssitz in San Francisco streitig zu machen – dazu ist die Stadt am Pazifik zu eindeutig eine Hochburg der Linksliberalen. Deshalb versucht es der Außenseiter mit einem Fernsehspot, der sämtliche Regeln des Anstands verletzt. Ein kleines Mädchen fürchtet sich vor der Wirtschaftskrise. Eine Hexe – Nancy Pelosi – schwebt herbei und macht alles noch schlimmer. Zum Glück ist ein tapferer Ritter zur Stelle, der das Hexenweib mit einem kräftigen Schwall Wasser zum Schweigen bringt: John Dennis, der Rächer der Entrechteten.

In Colorado, wo nicht nur über Kandidaten entschieden wird, sondern auch über den Vorschlag, selbst vergewaltigten Frauen die Abtreibung zu untersagen, geht es gegen Präsident Barack Obama. Untermalt von düsterer Musik werden all die "Bösewichter" eingeblendet, die das Abtreiben im Laufe von 40 Jahren ermöglicht haben. Zum Schluss tritt ein Sensenmann auf – der Präsident. "Und mit ihm folgt die Hölle", steht unter dem Todesengel.

Aber auch die Demokraten sind nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, den Rivalen madig zu machen. Da ist Pat Quinn, der Gouverneur des Bundesstaats Illinois. Er unterstellt seinem konservativen Herausforderer Bill Brady, dass er Hunde und Katzen in Gaskammern zu schicken gedenkt. Warum? Brady hatte ein Gesetz befürwortet, das Tierheimen mehr Spielraum beim Einschläfern chronisch aggressiver Vierbeiner gibt.

In Kentucky führte die Negativschlacht neulich zu einem aufsehenerregenden Eklat. Dort war der Demokrat Jack Conway dem Republikaner Rand Paul beim Senatsduell überaus angriffslustig in die Parade gefahren. Wieso, wollte er in einem düsteren Filmchen wissen, war Paul Mitglied eines Geheimbunds, der die heilige Bibel als Schwindel bezeichnete? "Warum hat Rand Paul eine Frau gefesselt, ihr befohlen niederzuknien, und dann gesagt, dass sein Gott Aqua Buddha ist?" Die bizarre Episode liegt 27 Jahre zurück, wahrscheinlich irgendein Studentenstreich, jedenfalls beteuert das die angeblich gefesselte Frau. "Gossenpolitik vom Allerschlimmsten", kontert Paul, ein Augenarzt, der Wert auf sein Image als frommer Christenmensch legt.

(Rheinische Post)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort