Untersuchungsausschuss zur Spendenaffäre der CDU Schmidt befragte Kohl auch zu Inhalten

Berlin (dpa). Bei den Treffen zwischen Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl und Mitgliedern der CDU im Spenden-Untersuchungsausschuss ist es auch um Inhalte gegangen, die das Gremium aufklären soll. Das bestätigte der Ausschuss-Obmann der Unionsfraktion, Andreas Schmidt, der dpa am Montag. Bisher hatten Kohl und Schmidt davon gesprochen, dass es in erster Linie um die Absprache von Terminen gegangen sei.

Schmidt sagte, er habe von sich aus Kohl unter anderem zu seinem Kenntnisstand im Hinblick auf die Privatisierung der Raffinerie Leuna und das Panzergeschäft mit Saudi-Arabien befragt. Der SPD-Obmann Frank Hofmann erklärte, "der Verdacht der Komplizenschaft hat sich erhärtet". Die Treffen waren am vergangenen Donnerstag durch Eintragungen in dem Kalender der Kohl-Vertrauten Juliane Weber bekannt geworden. Unterdessen zeichnete sich ab, dass die Begegnungen im Laufe dieser Woche ein zweifaches Nachspiel im Ausschuss und im Bundestag haben dürfte.

Schmidt erklärte, er habe die Treffen mit Kohl auch zur eigenen Information genutzt. Er habe Kohl gefragt: "Wie ist das aus Ihrer Sicht gelaufen?" Neben Aussagen zu den Bestechungsvorwürfen habe ihm Kohl mitgeteilt, dass er die Namen der anonymen Spender nicht nennen wolle. Insgesamt habe er aus den Gesprächen die Gewissheit gewonnen, dass an den Vorwürfen gegen Kohl nichts dran sei. Schmidt betonte, er habe keinerlei Gespräche zur Verschleierung von Sachverhalten geführt. Das sei für ihn "völlig undenkbar".

Der Ausschussvorsitzende Volker Neumann (SPD) zeigte sich von Schmidts Äußerungen nicht überrascht. Das habe er bei der Vielzahl der von Weber notierten Treffen erwartet. Die öffentliche Diskussion um die Treffen Kohls sei ein Erfolg. "Wir wollten die Abstimmungen durchbrechen", sagte er der dpa. Dies sei gelungen. "Die werden jetzt vorsichtig sein." Es dürfe nicht noch einmal wie im Flick- Untersuchungsausschuss in den 80er Jahren passieren, dass ein Drehbuch geschrieben wird, in dem festgelegt wird, die Aufklärung zu behindern.

Die endgültige Entscheidung über eine Vernehmung Schmidts durch der Spendenuntersuchungsausschuss soll an diesem Dienstag in der SPD- Arbeitsgruppe getroffen werden. Es spreche alles dafür, hieß es. Von dem Ergebnis der Vernehmung Schmidts wollen SPD und Grüne abhängig machen, ob sie im Ausschuss einen Antrag stellen, Schmidt aus dem Gremium auszuschließen. Außerdem ist bei der SPD in der Diskussion, die Gespräche Kohls noch in dieser Woche auf die Tagesordnung des Bundestags zu setzen. Der geschäftsführende Vorstand der CDU/CSU- Fraktion stellte sich am Montag hinter Schmidt. Seine Ablösung sei kein Thema, sagte ein Fraktionssprecher.

Schmidt sagte, er habe "überhaupt nichts" gegen eine Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss, seine Aussage müsse nur sofort stattfinden. Die Union werde aber auch den Ausschussvorsitzenden Volker Neumann laden, der mit dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber telefoniert habe. Der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstag) sagte der CDU-Obmann: "Wenn SPD und Grüne darauf bestehen, dass ich als Zeuge aussagen soll, werden wir im Gegenzug der Vernehmung von Hofmann und Neumann durchsetzen." Beide SPD-Politiker hätten sich mehrfach mit Fraktionschef Peter Struck zu Gesprächen über den Ausschuss getroffen, obwohl Struck - ebenso wie Kohl - ein vom Untersuchungsausschuss benannter Zeuge sei.

Die SPD im Saarland wies unterdessen Vorwürfe zurück, sie habe vor dem Regierungswechsel zur CDU im Herbst 1999 zahlreiche Akten vernichten oder verschwinden lassen. Der SPD-Fraktionschef und Ex- Umweltminister Heiko Maas sagte am Montag: "Von Aktenvernichtung in großem Stil wie im Bundeskanzleramt kann im Saarland keine Rede sein." In dem von ihm geführten Umweltministerium sei vor der Regierungsübergabe außer persönlichen Unterlagen oder geistigem Eigentum nichts vernichtet worden oder verschwunden.

Die neue saarländische Landesregierung unter Ministerpräsident Peter Müller (CDU) war dagegen nach eigenen Angaben bei der Übernahme der Amtsgeschäfte am 29. September 1999 auf gravierende Lücken gestoßen. Alleim im Umweltministerium seien zwei Tonnen Akten vernichtet worden. Dazu sagte Maas, schon einige Zeit vor dem Regierungswechsel im Saarland habe es einen Umzug von zwei Abteilungen des Umweltministeriums gegeben, in dessen Gefolge Akten ausgelagert worden seien. Dabei könnten auch Unterlagen dem Reißwolf zugeführt worden sein, ergänzte SPD-Fraktionssprecherin Andrea Schramm.

(RPO Archiv)
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